ANA
Standpunkt

Weltfremd

Print-Ausgabe 12. April 2024

Wie man es auch dreht und wendet: Die Zustimmung der breiten Öffentlichkeit zu den ausufernden Betriebsversammlungen und Streiks des Bordpersonals von Austrian Airlines ist mehr als enden wollend bzw. so gut wie nicht mehr spürbar. Ebenso sieht es mit dem Verständnis für die Gehaltsforderungen der Pilot:innen und Flugbegleiter:innen aus. Dass trotzdem nicht lockergelassen wird, hat unterschiedlichste Gründe und zeigt, wie verfahren die Situation mittlerweile ist. Und zwar auf beiden Seiten. „Man sollte die Verhandlungsteams auswechseln“, meinte dazu ein Insider.

Als problematisch erscheint zudem, dass hier Birnen und Äpfel in einen Topf geworfen werden. Während das auf Langstecken eingesetzte Bordpersonal auf mehr als ausreichend Erholungszeiten kommt, sieht es bei jenem auf der Kurzstrecke anders aus. Es macht eben einen gewaltigen Unterschied, ob 50 Minuten nach Klagenfurt oder 1 Stunde 10 Minuten nach Kosice geflogen wird bzw. fast zehnmal so lange nach Washington oder noch länger nach Shanghai.

Beklagt wird oft die Arroganz der Konzernmutter Lufthansa. Doch Hand aufs Herz: Legte Austrian Airlines seinerzeit eine andere Haltungsweise an den Tag, als es um die damalige Tochter Tyrolean ging? Von Lauda Air ganz zu schweigen.

Fest steht, dass die Forderungen von Gewerkschaft und Betriebsrat massiv überzogen sind. Sie reichen überdies weit über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des österreichischen Flag Carriers hinaus. Ihn mit der Konzernmutter Lufthansa zu vergleichen oder gar mit der Ertragsperle Swiss, erscheint mehr als fragwürdig. Ein Blick auf den Anteil der Premium-Passagiere an den Flughäfen Frankfurt, München und Zürich im Vergleich zu Wien genügt, um sich die enormen Unterschiede vor Augen zu halten.

Ebenso verhält es sich mit dem Anteil der Low Cost Carrier: In Wien liegt er aktuell bei rund 30 %. Von allen Konzern-Töchtern haben jene an der Donau und in Brüssel am intensivsten an der Billig-Airline-Konkurrenz zu kiefeln, weshalb Lufthansa sowohl für Brussels als auch für Austrian Airlines in ihrem Geschäftsbericht festhält, dass beide zwar den Netzwerk-Carriern des Konzerns zugerechnet werden, aber ihr Fokus auf niedrigen Kosten gerichtet bleiben muss, um im Wettbewerb mit Low-Cost-Carriern bestehen zu können.

Die Fronten sind dessen ungeachtet verhärtet. Ob es zu einer Lösung kommt, die für alle Seiten tragbar ist, steht noch in den Sternen. Fest steht, dass die Umflottung der Austrian Airlines-Langstrecke auf Boeing „Dreamliner“ bereits in Frage gestellt wurde, ebenso die Expansion auf der Kurz- und Mittelstrecke.
Eines sollte allen Beteiligten klar sein: Lufthansa ist auf Austrian Airlines in keiner Weise angewiesen. Umgekehrt verhält es sich hingegen anders. Lösungen, die hier getroffen werden, müssen deshalb dem Standort und den Möglichkeiten des hiesigen Carriers entsprechen und nicht jenen der Konzernmutter. Alles andere wäre mehr als weltfremd, hofft nicht allein auf eine tragbare Lösung der

Lupo

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