ANA
Rottenbergs Roadbook

Unpünktliche Schweiz

Print-Ausgabe 14. Juli 2017

„Wir entschuldigen uns für die entstandene Verspätung und hoffen, dass Sie dennoch wieder mit uns fliegen werden.“ In der Regel ignoriere ich diesen Satz: Verspätungen gehören zum Flugverkehr wie das Amen zum Gebet – und Landezeiten sagen auch nichts über die Dauer der folgenden Spazierfahrt über das Vorfeld aus.

Diesmal aber war es anders. Weil die Schweiz anders ist. Die Schweizer wissen, dass man das weiß – und bestätigen das gerne. Also kam die Ansage im Swiss-Flieger nach Zürich gleich dreimal: Das erste Mal aus dem Cockpit, zu Beginn des Sinkfluges. Dann, beim Rollen zum Finger, von der Kabinencrew. Und zuletzt beim Aussteigen. „Wir entschuldigen uns … und hoffen …“ Die Verspätung? Keine vier Minuten: Als die zweite „Entschuldigung“-Durchsage kam, hatte ich auf die Uhr geschaut.

Die Schweizer Fluggäste nickten mit ernsten Mienen. Alle anderen sahen einander amüsiert an – oder lachten. „Das ist doch kein Witz – wir meinen das ernst“, klärte mich dann ein Eidgenosse auf. Wir warteten auf unsere Koffer. Er zeigte auf die Anzeigetafel über dem Gepäckband: „Wir sind eben akkurat.“ Pause. „Oh, das ist mir jetzt unangenehm.“ Wo der Wartezeit-Countdown gerade auf „eine Minute“ gesprungen war, stand jetzt nämlich „Delayed“. Ich sah auf die Uhr: Drei Minuten später kam das Gepäck. Ich gab mir Mühe – aber dann prustete ich los. Der Schweizer sah mich verständnislos an: „Was gibt es denn da zu lachen? Haltet ihr Österreicher Unzuverlässigkeit wirklich für komisch?“

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