Print-Ausgabe 10. März 2017
Ich möchte Sie warnen: Wenn Sie weiterlesen, werden Sie danach Dinge sehen, die es für Sie bisher nicht gab. Wenn Sie nicht jetzt umblättern, wird die Welt in Zukunft anders aussehen. Ok: Wien. Aber auch Wien ist Teil der Welt.
Es geht heute nämlich um Wiens öffentliche Personenwaagen. Massive Trümmer auf Gehsteigen und an Haltestellen, die Sie noch nie benutzt haben. Denn auf die Waage steigt man daheim. Und nicht mit Schuhen und Jacke. Oder? Eben.
Wie viele Waagen es gibt? Das ist nicht wichtig. Obwohl es einfach wäre, das heraus zu bekommen: Wien ist perfekt inventarisiert. Dass etwas länger als drei Tage von der Verwaltung unbemerkt am Gehsteig steht, ist undenkbar.
Relikte – vergessen – sind die Dinger aber auch nicht. Jedes tote Auslagenfenster ist nach zwei Monaten staubiger als die Waagen. Und nicht nur die Euro-Umstellung, auch die Inflation bekommen sie mit: Nach der Währungsumstellung kostete Wiegen 10-Cent. Jetzt 20. Irgendwer kümmert sich also. Denn was vergammelt wird Opfer von Vandalen – und spätestens dann entfernt.
Deshalb bin ich froh, dass Sie bis hierher gelesen haben: Ab jetzt werden Sie die Waagen sehen. Ob Sie wollen oder nicht: Menschen funktionieren so. Und wenn die Teile einmal nicht mehr da sind, wird der leere Platz Erinnerungen auslösen. An etwas, das da war. Etwas, das fehlt – obwohl man es nie gebraucht hat. Und auf eine seltsame, eigenartige Art ist das schön.
Erstellt am: 10. März 2017
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