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Auf gleicher Augenhöhe mit AIRBNB

Print-Ausgabe 23. März 2018

Meldungen über eine wirksame Reduzierung des überbordenden Büokratieaufwandes gehören zu den seltenen Lichtblicken im Unternehmerdasein – nicht zuletzt im diesbezüglich belasteten Gastgewerbe. Dass der Obmann des Fachverbandes Hotellerie in der WKO Siegfried Egger die Einbeziehung der kleinen Betriebe in die „Genehmigungsfreistellungsverordnung“ als Erfolg der konsequenten Lobbyingbemühungen in die Auslage stellt und Spartenobfrau Petra Nocker-Schwarzenbacher die dadurch ausgelöste spürbare Entlastung der Tourismusbetriebe unterstreicht, ist durchaus legitim.

Von 10 auf 30 Betten

Bekanntlich braucht jeder Gewerbebetrieb eine „Betriebsanlagengenehmigung“, in der alles behördlich geregelt wird, was dazu „geeignet“ sein könnte, Gefährdungen, Belästigungen oder sonstige nachteilige Auswirkungen auf Betriebsangehörige, Nachbarn, Kunden etc. auszulösen. Wer meint, dass da letztlich alles drinnen sein kann, liegt richtig: Im Genehmigungsverfahren reicht der Ermessensspielraum der Kontrollore bis zur Willkür. Bei der alle fünf bis sechs Jahre obligaten Erneuerung der Genehmigung können die Auflagen „angepasst“ werden. Einander widersprechende Regelungen gehören zu den schlimmsten Ärgernissen im Unternehmerleben. Einige Branchen, deren Anlagen kaum ein Gefährdungspotential erkennen lassen, sind von diesen Genehmigungen „freigestellt“. Zu Einzelhandels-, Büro-, Friseur- oder Fotografenbetrieben und dergleichen kommen demnächst auch Beherbergungsbetriebe bis zu 30 Betten und 600 m² Betriebsfläche dazu.

Da die durchschnittliche Größe der Beherbergungsbetriebe in Österreich unter 40 Betten liegt, kann man davon ausgehen, dass diese Entlastung weit mehr als der Hälfte der rund 17.000 gewerblichen Unterkünfte zu Gute kommt. Nicht nur neuen, sondern auch jenen, die „bereits als Privatzimmervermieter im nicht gewerblichen Bereich“ tätig sind, wie es die Bundessparte Tourismus in ihrer Stellungnahme etwas kryptisch kommentiert. „Damit setzt die Regierung die langjährige Forderung nach gleichen Rahmenbedingungen für gleiche Tätigkeiten um“.

Auch hier eine Erläuterung: Keine Betriebsanlagengenehmigung brauche derzeit private Vermieter, die im Rahmen der „häuslichen Nebenbeschäftigung“ Quartiere vermieten und dabei verschiedenen Einschränkungen unterworfen sind, vor allem einer Begrenzung auf zehn Gästebetten. Diese 10-Betten-Grenze gibt es auch für das gewerbliche „freie Gastgewerbe“, bei dem sich die Freiheit aber darauf beschränkt, dass keine Befähigungsprüfung verlangt wird. Daraus ergibt sich die Schieflage, dass die kleinen gewerblichen Beherberger zahlreichen Auflagen und Vorschriften unterworfen sind, um die sich ihre privaten Konkurrenten nicht kümmern müssen, obwohl sie praktisch das Gleiche tun. Interessant wurde dieser Unterschied erst, als Internetplattformen wie vor allem AIRBNB der Privatzimmervermietung eine neue Dimension gaben: Die Bemühungen der Privatvermieterorganisationen nach einer Ausdehnung der 10-Betten-Grenze trafen damit auf mehr Verständnis bei den gewerblichen Beherbergern, die Konkurrenz „auf gleicher Augenhöhe“ anstreben. Die Ausdehnung der Freigrenze auf 30 Betten trifft nicht nur auf Begeisterung: Die Hoffnung, die Chancengleichheit würde dadurch hergestellt werden, dass man die Schranken für die AIRBNB-Vermieter erhöht, ist damit begraben.

Finanzamt desinteressiert

Ansatzpunkte um AIRBNB einzubremsen bleiben nur mehr die Steuerleistung und die Ortstaxe. Mehrwert- und Einkommenssteuer hängen von den individuellen Einkommensverhältnissen der Vermieter ab. Das enden wollende Interesse des Finanzamtes, jedem Steuerpflichtigen nachzulaufen, ist aufgrund des Missverhältnisses von Aufwand zu Ertrag offenkundig. Bei der Ortstaxe dürften die Verhandlungen demnächst dazu führen, dass die Stadt Wien natürlich nicht die Vermieterdaten erhält, sondern AIRBNB die Ortstaxe für ihre „Hosts“ abführt. Wie dies weltweit bereits in 275 Städten praktiziert wird, und demnächst in einigen österreichischen Bundesländern, die ähnliche Gesetze wie Wien vorbereiten.

Die gleiche Augenhöhe mit den privaten Vermietern dadurch herzustellen, dass man die Schranken für alle senkt, wird den gewerblichen Beherbergern das Leben zweifellos erleichtern. Die Kehrseite ist ein gewerberechtlicher Freibrief für AIRBNB: Im Bemühen um ein faires Miteinander der beiden Systeme sind hier Ungleichheiten kein Thema mehr.

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