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Reisewarnungen für Wien

Warum gerade Wien? Die Corona-Zahlen sprechen leider eine klare Sprache.

T.A.I. 24 TOP News

Die Reisewarnung des Deutschen Auswärtigen Amtes für Wien hat in der Donaumetropole eingeschlagen wie eine Bombe. Für den Tourismus der Bundeshauptstadt ist dies eine Katastrophe, handelt es sich bei Deutschland um den größten Herkunftsmarkt.

Letztes Jahr kamen 19,1% aller Wien-Nächtigungen von Gästen aus Deutschland. Im Juli 2020 stellten die Deutschen sogar 34,9% aller Nächtigungen der Bundeshauptstadt, bei den Ausländerübernachtungen erreichte der Anteil sogar 51,0%. „Die Einstufung als Risikogebiet ist ein weiterer Tiefschlag für die gesamte Visitor Economy in Wien“, zeigt sich Tourismusdirektor Norbert Kettner bestürzt.

Bereits am Montag hatte die Schweiz eine Reisewarnung für Wien ausgesprochen. Sie ist als Quellmarkt aber erheblich kleiner (2,6% der im Vorjahr erreichten Nächtigungen, 4,8% waren es heuer im Juli).

Situation hatte sich abgezeichnet

So unerfreulich die Reiswarnungen sind, abgezeichnet hatten sie sich bereits in den letzten Wochen. Denn Wien hat bezüglich Corona-Infektionen die bundesweit unerfreulichste Entwicklung: aktuell stellt Wien mit 53,4% mehr als die Hälfte aller Infizierten ÖsterreicherInnen, hat mit 65,8% den geringsten Anteil aller bisher Genesenen (der Österreich-Durschnitt liegt bei 77,5%) und den höchsten prozentuellen Zuwachs an Neuinfizierten.

Leichter Aufwärtstrend abrupt gestoppt

Dabei hatte sich die Hotellerie vom Herbst einen leichten Aufwärtstrend erwartet. Erreichte die Zimmerauslastung im Juli magere 29,9% (Vorjahres-Juli: 86,0%), jene der Betten gar nur 23,1% (im Juli 2019 waren es 66,5%), so zeichnete sich für die Nachsaison eine deutliche Besserung ab. Susanne Kraus-Winkler, Obfrau des Fachverbandes Hotellerie in der WKÖ: „Einige Betriebe berichteten sogar von einer passablen Auslastung von 50 bis 60 Prozent im September und Oktober.“

Jetzt wurde laut Susanne Kraus-Winkler alles abrupt gestoppt: „Die Reisewarnungen bringen Hotellerie zum Erliegen.“ Schon mit der Schweizer Reisewarnung und den zu Beginn der Woche verkündeten verschärften Maßnahmen für Veranstaltungen standen Stornierungen an der Tagesordnung. Die deutsche Reisewarnung habe die Situation in der Branche dramatisch verschärft.

Auslastung im Keller, Kündigungen im großen Stil

Die Hotellerie muss nun die Reißleine ziehen. So kündigten die Sacher-Hotels – eine der üblicher Weise am besten gehenden Häuser Österreichs - mit Dienstag dieser Woche mit 140 MitarbeiterInnen rund ein Viertel ihrer Belegschaft, 105 davon in Wien und 35 in Salzburg). „Dramatischer kann eine Situation nicht sein“, so Sacher CEO Matthias Winkler, „mit nicht einmal 25 oder 30 Prozent unserer Umsätze können wir nicht 100 Prozent unserer Mitarbeiter in die Zukunft mitnehmen.“

Im Vorjahr waren über 11.200 unselbständig Beschäftigte in der Wiener Hotellerie tätig, ein Viertel mehr als vor 10 Jahren und 11,5% aller Hotel-MitarbeiterInnen Österreich. Jetzt überlegen laut Susanne Kraus-Winkler „viele Unternehmerinnen und Unternehmer ihre Betriebe wieder komplett zuzusperren.“

Ruf nach weiteren Hilfsmaßnahmen

Susanne Kraus-Winkler hofft nun, dass rasch weitere Hilfsmaßnahmen für die Stadthotellerie folgen: „Der Fixkostenzuschuss II muss von der EU-Kommission rasch freigegeben werden, die Umsatzsteuer-Senkung muss zumindest bis Mitte 2021 verlängert werden, ebenso muss das Kreditmoratorium rasch umgesetzt werden.“

Bereits auf Schiene ist ein Förderprogramm für die Wiener Hotellerie, das am 24. September im Gemeinderat beschlossen werden soll. Es unterstützt als „Anschubfinanzierung“ variable Kosten mit bis zu 50.000 Euro pro Betrieb. Einreichungen sind ab 1. Oktober möglich.

Gesamter Tourismus betroffen

Die Reisewarnungen mit dem durch sie bewirkten Rückgang des Gästeaufkommen treffen nicht nur die Hotellerie, sondern auch die Kongress- und Tagungsbranche, alle übrigen Tourismusanbieter – von Austria Guides bis zu Rundfahrtunternehmen und Gastronomie – sowie auch Austrian Airlines. „Für uns sind die Strecken nach Deutschland der wichtigste Verkehr – auch für den Umsteigeverkehr", betont Austrian Airlines-Sprecher Peter Thier. Er könne nicht ausschließen, dass der National Carrier noch einmal Kapazitäten herausnehmen müsse. Schon bisher lagen die Buchungen nur am unteren Rand des rund um das Corona-Hilfspaketes erstellen Businessplanes.

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