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Thermentourismus in Österreich

Thermen als Tourismus-Riesen. Kleine Branche, große Wertschöpfung

Print-Ausgabe 16. Juni 2023

V.l.: Patrick Hochhauser, Gerhard Gucher und Oliver Fritz

Laut einer neuen WIFO-Studie tragen die 39 Thermenbetriebe des Landes 1,22 Mrd. Euro zur Gesamtwirtschaft bei und sorgen für starke Beschäftigungseffekte

Welchen Stellenwert nehmen Österreichs 39 Thermen im Gesamtbild des Tourismus ein? Um Antworten darauf zu finden, ließ der Fachverband der Gesundheitsbetriebe in der WKÖ (Wirtschaftskammer Österreich) vom WIFO (Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung) eine Studie erstellen, mit Erhebung der wirtschaftlichen Kennzahlen, der Wertschöpfungs- sowie der Beschäftigungseffekte. Anfang Juni 2023 stellten Patrick Hochhauser, Vorstand der OÖ. Thermenholding sowie stellvertretender Obmann des Fachverbandes der Gesundheitsbetriebe, VAMED Vitality World-Direktor Gerhard Gucher sowie für das WIFO Studienautor Oliver Fritz Details vor.

Demnach sorgten die 39 Thermen im für die Studie herangezogenen Jahr 2019 mit damals 9,9 Millionen Eintritten für eine Wertschöpfung von 1,22 Mrd. Euro. Oliver Fritz: „Das ist eine Schlüsselkennzahl, da die Wertschöpfung aller Branchen zusammen das BIP (Bruttoinlands­produkt) ergeben.“ Wobei Oliver Fritz diese 1,22 Mrd. Euro „eher als Untergrenze“ ansieht: „Wir sind bei den Berechnungen sehr vorsichtig vorgegangen.“

Wesentlicher Beitrag zur Resilienz im Tourismus

Oliver Fritz hob den hohen Stellenwert und die Bedeutung der Branche hervor, die „Wohlstand in zuvor oft wirtschaftlich benachteiligte Regionen gebracht hat.“ Die Thermen seien „heute ein wichtiger Teil des vielfältigen heimischen Tourismusangebots“ und können die verschiedensten Urlaubswünsche (vom Thermenbesuch nach dem Skifahren, über Schlechtwetter-Alternativen bis hin zu Entspannungsaufenthalten) abdecken: „Damit tragen sie auch ganz wesentlich zur Resilienz der österreichischen Tourismuswirtschaft bei.“

Bund, Länder und Gemeinden lukrieren aus der Thermen-Wertschöpfung direkte, indirekte und induzierte Einnahmen von 280 Mio. Euro, die Sozialversicherungsträger solche von 175 Mio. Euro. Patrick Hochhauser: „Dadurch gibt es insgesamt 455 Mio. Euro an Rückflüssen an die öffentliche Hand.“

Auch die Beschäftigungseffekte der 39 Thermen sind beachtlich. Sie belaufen sich auf insgesamt (also direkt, indirekt und induziert) 17.700 Arbeitnehmer:innen (Vollzeitäquivalente). Die meisten davon werden mit knappen 6.000 im Bereich Beherbergung, Gastronomie, Handel und Verkehr erzielt, gefolgt von den „sonstigen Dienstleistungen“ mit rund 5.300.

39 Betriebe mit mehr als 6.500 Beschäftigten

„Diese Zahlen machen uns stolz. Wir sind eine tragende Säule des österreichischen Tourismus“, betonte Patrick Hochhauser, der darauf verwies, dass die Thermen mit nur 39 Betrieben „eine kleine Branche sind“. Dies allerdings mit mehr als 6.500 Beschäftigten, über 85.000 m² Wasserfläche sowie mehr als 300 Wasserbecken. 37 Betriebe gehören der „Initiative Therme Plus“ an (die zwei rest­lichen gelten mehr als Bäder).

Das Heranziehen der Zahlen von 2019 macht insofern Sinn, als es das letzte Vor-Pandemie-Jahr war und echte Vergleichswerte erst heuer wieder möglich sind (die frühestmögliche Folgestudie kann demnach Oliver Fritz zufolge erst 2025 erscheinen). Ebenso entstand 2019 auf Anregung von Gerhard Gucher und Patrick Hochhauser die „Initiative Therme Plus“ und es wurde innerhalb der WKÖ ein eigener Fachausschuss der Thermen ins Leben gerufen. Hochhauser: „Das war eine gute Symbiose, weil ein paar Monate später die Pandemie los ging. Da war es wichtig, dass wir uns ausgetauscht und ein Sprachrohr über den Fachausschuss gefunden haben.“

Thermalbäder als „natürliche Gesundheitsapotheken“

Gerhard Gucher verwies darauf, dass „die Geschichte der Thermen weit über 3.000 Jahre zurückgeht. Auch die Kelten und Griechen haben das schon gemacht.“ Bad Gleichenberg (heute „Die Therme der Ruhe“) wurde laut Gerhard Gucher bereits rund 400 nach Christus erwähnt und Kaiserin Maria Theresia bezeichnete Thermalbäder als „natürliche Gesundheitsapotheken.“ Für Gerhard Gucher steht fest: „Wer kann sich so eine Geschichte auf die Fahne heften?“

Der VAMED Vitality-World Direktor („Wir stehen für Gesundheit“) sieht die österreichischen Thermen „als Garant dafür, dass wenn es aus welchen Gründen auch immer nicht so läuft, man bei uns in Österreich Urlaub machen kann.“ Innerhalb einer Autostunde sei von jedem Ort Österreichs eine Therme mit dem Auto erreichbar – von der Silvretta Therme Ischgl bis zur St. Martins Therme & Lodge, von der Kärnten Therme Warmbad Villach bis zur Therme Laa Silent Spa.

Und wie sieht es für die Thermen nach der überstandenen Pandemie aus? „Wir gehen davon aus, dass wir wieder auf diesen Zahlen sind“, so Patrick Hochhauser, der nicht ausschließt, dass „2023 möglicherweise sogar besser werden könnte“. Bezüglich der Energiekosten zeichne sich aktuell eine generelle Entspannung ab, wobei einige Betriebe (diese haben langfristige Verträge) nicht, andere zum Teil „massiv betroffen“ waren bzw. sind.

Hochhauser und Gucher sind jedenfalls überzeugt, dass die Branche für die Zukunft gut aufgestellt ist: „Die Thermen stehen für Ganzjahrestourismus, sind unabhängig von Jahreszeit und Wetterlage, und bieten den Gästen ein umfassendes Angebot auf höchstem Dienstleistungsniveau.“

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