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Slow Food Travel

Speck vom glücklichen Schwein statt „furchtbarem“ Metro-Schinken

Print-Ausgabe 11. März 2015

Kärnten beherbergt ab sofort die erste Slow Food Travel Destination der Welt – der Pilotregion werden weitere folgen, aber vorerst nicht in Österreich

Gut Ding braucht Weile. Als Gegenbewegung zur Eröffnung einer McDonald’s-Filiale auf der Piazza Navona in Rom gründete der Italiener Carlo Petrini 1986 die „Slow Food“-Bewegung, mit Fokus auf regionaler Küche und deren lokaler Produktion aus heimischen pflanzlichen und tierischen Produkten. Dreißig Jahre später ist „Slow Food“ nun voll im Tourismus angekommen, mit Gründung der ersten „Slow Food Travel Destination“ der Welt – und die befindet sich in Österreich, genauer gesagt in Kärnten. Ende voriger Woche wurde das Projekt im Zuge eines Medien-Events in Wien aus der Taufe gehoben, dieser Tage steht es im Mittelpunkt des Kärnten-Auftritts auf der ITB in Berlin.

Die Initiative dazu ist von der Kärnten Werbung ausgegangen und wurde von Österreichs Slow Food-Botschafterin und TV-Moderatorin Barbara van Melle begeistert aufgegriffen. Mit dem Lesach- und dem Gailtal sowie der zwischen beiden liegenden Marktgemeinde Kötschach-Mauthen stand eine Region zur Verfügung, die besser nicht sein konnte. Van Melle: „Sie hat alles, was man dafür braucht, wie z. B. eine kleinräumige biologische Landwirtschaft. Das ist ein wesentlicher Anker für dieses Projekt.“

Immer wieder wären touristische Anbieter an die „Slow Food“-Bewegung herangetreten, aber die Voraussetzungen passten laut van Melle nicht: „Wenn man dann in der Region ist, sieht die Realität anders aus, als versprochen: der furchtbare Toastschinken von Metro, globalisierter Tee und Marmelade aus der Plastikhülle.“

Christian Kresse, Chef der Kärnten Werbung, wusste sofort, dass Kärnten mit seiner „Talschafts-Kulinarik, der kleinen Landwirtschaft, wo jedes Tal seine eigenen Rezepte hat und die Menschen stolz sind auf ihre Produkte“ das ideale Umfeld wäre. Als er mit der Idee, die erste „Slow Food Travel Destination“ der Welt aufzubauen, bei Barbara van Melle vorstellig wurde, war sie angesichts der Voraussetzungen sofort begeistert: „Das ist wie für uns gemacht.“

Gemeinsam wurden unter Betreuung von Slow Food International Kriterien erarbeitet und lokale Anbieter gesucht, die mitmachen wollten. Unter Beistellung eines Slow Food-Trainers wurden danach spezielle Produkte entwickelt, wie z.B. von einer Bäckerei ein Sortiment aus längst vergessenem Natursauerteig – die Bäckerei ist seither jeden Tag ausverkauft, auch von der Hotellerie und zwar weit über das Tal hinaus. Slow Food ist also auch ein ökominischer Erfolg.

Nachdem, wie van Melle betont, „nicht eine ganze Region auf Knopfdruck umgestellt werden kann“, wird in der „Slow Food Travel Destination“ zunächst mit der Umstellung des Frühstücks begonnen. Gäste erfahren, woher ihr Frühstücksei, das Brot, der Schinken, die Marmelade etc. kommen und können die Produzenten besuchen – inklusive Kursen wie Brotbacken oder Käsen. Es wurden auch Urlaubspackages entwickelt, die über die NLW (Nassfeld, Lesachtal, Weissensee)-Tourismus Marketing GmbH buchbar sind und im Rahmen der ITB 2016 präsentiert wurden.

Wie geht es weiter? Aufbauend auf den Erfahrungen in Kärnten wird nun ein Handbuch für touristische Slow Food-Regionen erstellt. Die nächsten werden aber, wie Barbara van Melle betont, „nicht in Österreich sein.“ Details dazu werden auf der großen Slow Food-Messe „Terra Madre“ heuer im September in Turin bekannt gegeben. 

Slow Food als Leuchtturmprojekt

Die Etablierung von Lesach-, Gailtal und Kötschach-Mauthen zur ersten „Slow Food Travel Destination“ wurde bereits als Projekt der Innovationsmillion für Leuchtturmprojekte ausgewählt. Die Förderung von Seiten des Wirtschaftsministeriums beträgt 200.000 Euro. Träger des Projektes ist eine ARGE von fünf Hotels im Gailtal und Lesachtal. Das Gesamtbudget für drei Jahre beläuft sich auf rund 340.000 Euro. Zusätzlich investieren die Tourismusorganisationen weitere 300.000 Euro in die Entwicklung der kulinarischen Vielfalt, die Vermittlung der Angebote und in das Marketing.

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Erstellt am: 14. März 2016

Forcieren Kärnten als Slow Food Travel Region: Christian Kresse (Kärnten
Werbung) und Barbara Van Melle

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