ANA
Sommer-Halbzeit 2023

Rekord, aber nicht überall! Gründe dafür sind unterschiedlich

Print-Ausgabe 15. September 2023

V.l.: TVB Serfaus-Fiss-Ladis GF Josef Schirgi, Kitzbühel Tourismus GF Viktoria Veider-Walser und TVB Paznaun Ischgl GF Thomas Köhle

Die drei Tiroler TVBs Serfaus-Fiss-Ladis, Kitzbühel Tourismus und Paznaun Ischgl treten den Herausforderungen mit unterschiedlichen Konzepten gegenüber

Österreichs Tourismus steuert auf einen Rekordsommer zu: Für die erste Hälfte der touristischen Saison 2023 (Mai bis Juli) wurden rund 39,50 Mio. Nächtigungen gemeldet, um +6,3 % über dem Niveau des Vorjahres und um +1,7 % über dem Vor-Corona-Wert von 2019. Diese Zahlen wurden bislang nur in der ersten Hälfte der Sommersaison 1980 mit damals 40 Mio. erreicht. Wobei vor allem der Vergleich mit dem Sommer 2019 interessant ist, da er den letzten „Normal-Sommer“ vor der Pandemie markiert.

Bemerkenswert ist, dass nicht alle Tourismusverbände gleichermaßen von dem Sommer-Boom profitieren. In Tirol etwa lieferten bisher nur 21 der 34 TVBs bessere Übernachtungsergebnisse als 2019. Die Bandbreite der Positiv-Ergebnisse schwankte dabei zwischen +0,5 % (Innsbruck und seine Ferien­­dörfer) und +20,7 % (Tiroler Zugspitz Arena).­ Das gesamte Bundesland erreichte +1,8 % in Relation zur Sommer-Halbzeit 2019. Drei Ausreißer gab es in gegenteiliger Richtung, alle mit Nächtigungseinbußen von jenseits der −40.000 verglichen mit 2019: die TVBs Paznaun Ischgl (−19,3 % bzw. −41.486 Nächte), der TVB Kitzbühel Tourismus (−18,4 % bzw. −45.259 Übernachtungen) sowie der TVB Serfaus-Fiss-Ladis (−11,7 % bzw. −48.655 Nächte).

Die Gründe sind unterschiedlich. So leidet der TVB Serfaus-Fiss-Ladis laut Geschäftsführer Josef Schirgi darunter, dass „die Corona-Politik der Bundesregierung den Schweizer Gast Sommers wie Winters vertrieben hat“. Von 303.063 eidgenössischen Nächtigungen im Sommer 2019 sind nur noch 242.183 Nächtigungen im Sommer 2022 verblieben. „2023 ist noch offen“, so Schirgi, der jetzt mit seinem Team den Hebel ansetzt, „um den Schweizer Markt wieder dorthin zu führen, wo er 2019 schon war“. Insgesamt hinkt nach Ansicht von Josef Schirgi der Vergleich mit 2019 aber, „da einige Märkte aus Osteuropa auf Jahre verloren gegangen sind (Anm.d.Red.: Ukraine und Russland) und unsere bestehenden Märkte dies nicht auffangen können“. Seiner Ansicht nach „sollten wir uns vielmehr mit der Wertschöpfung befassen und nicht Nächtigungen zählen“. Diesbezüglich kann Serfaus-Fiss-Ladis brillieren: „Unser touristischer Umsatz in der Destination ist von 2005 mit 111,24 Mio. Euro bis 2020 auf 270,11 Mio. Euro gestiegen. Das sind +142,8 %.“

Im TVB Paznaun Ischgl liegen die Dinge etwas anders, da die Destination laut Geschäftsführer Thomas Köhle als Winterdestination bekannt ist. Traditionell werden laut T.A.I.-Analyse nur 17 % der Nächte im Sommer erzielt. Köhle: „Hier muss man nach den letzten Jahren auch konstatieren, dass das Comeback trotz herausfordernder Vorzeichen gelungen ist.“

Das Halbzeit-Minus im Sommer 2023 verglichen mit den Zahlen von 2019 sei insofern schmerzhaft, da sich Paznaun Ischgl „in einem Weiterentwicklungsprozess dazu bekannt hat, dass Sommer und Herbst schrittweise ausgebaut und Ganzjahreserlebnisse verstärkt bespielt werden“. Neben der heuer erstmals zur Verfügung stehenden Silvretta Therme spielen vor allem Sport-Events, wie der Silvrettarun 3000 (heuer Mitte Juli) und der Ischgl Ironbike (Anfang August) wichtige Rollen. Thomas Köhle: „Beide haben perfekt funktioniert und großen Anklang bei den Rennteilnehmern und Zuschauern gefunden.“ Anfang September stand dann die E-Bike WM in Ischgl im Fokus. Die Hoffnung von Thomas Köhle, einen neuen Weltrekord in Sachen Teilnehmerzahlen zu erzielen, sind dabei aufgegangen: Mit 1.317 gemeldeten Aktiven gilt die diesjährige E-Bike WM als weltweit teilnehmerstärkstes E-MTB-Event.

Dass die Nächtigungen in der ersten Sommerhälfte „unter den Erwartungen geblieben sind“, stellt für Thomas Köhle aber eine Herausforderung dar: „Hier muss gemeinsam mit den Betrieben und den touristischen Partnern noch viel Arbeit geleistet werden und das Angebotsprofil – zwischen Top-Kulinarik und aktiver Bewegung am Berg – weiterentwickelt werden.“ Jetzt blickt alles in Richtung „Goldener Herbst“. Köhle: „Mit der bereits zweiten Auflage unserer Event­reihe ‚Golden Summits‘ verlängern wir die breite Palette an Wander-, Bike-, Kulinarik-, Musik-, Kultur- und Sport-Highlights in den Herbst.“ Erstmals wird in diesem Jahr auch die Betriebszeit aller Seilbahnen bis 15. Oktober verlängert.

Kitzbühel wiederum sieht sich mit einem Rückgang des Bettenvolumens konfrontiert. Lag das Angebot 2019 noch bei 8.340 Betten, so sind es heuer nur noch 7.973. Viktoria Veider-Walser, Geschäftsführerin von Kitzbühel Tourismus: „50 % der fehlenden Übernachtungen gegenüber 2019 erklären wir uns durch Bettenverluste. Besonders die Schließung guter 3-Sterne-­Häuser schmerzt. Sie kann von unseren Betrieben in dieser Kategorie nicht kompensiert werden.“ Im Vergleich zur Sommerhalbzeit 2022 (Mai bis Juli) liegt das Minus bei knapp 2 %, wobei sich auch „dieses Delta rein rechnerisch auf das aktuell geschlossene Hotel zur Tenne“ zurückführen lässt. Veider-­Walser: „Wir hoffen, das Hotel zur Tenne so schnell als möglich wieder zu eröffnen.“

Auch bei den Flugmärkten sind laut Viktoria Veider-­Walser „die pandemischen und geopolitischen Nachwehen zu spüren“. Als Beispiel führt sie Großbritannien an, wo Kitzbühel noch immer zwei Drittel der Gäste aus 2019 fehlen. „Damals hat der britische Gast immerhin 10 % unserer Nächtigungen ausgemacht und sich nach Deutschland und Österreich auf Rang 3 der wichtigsten Herkunftsmärkte gereiht“, so Veider-­Walser.

Wobei mit 45 % Sommeranteil an den Nächtigungen im Kitzbühel Tourismus die warme Saison bei dem hier angeführten Trio am ausgeprägtesten ist (Serfaus-Fiss-Ladis kommt auf 38 %, Paznaun Ischgl auf nur 17 %). Derzeit ist man deshalb in der Gamsstadt drauf und dran, das Sommerangebot substanziell zu verbessern. So wurden heuer die Möglichkeiten für Radgäste deutlich ausgebaut (über 80 Trails, leicht erreichbar mit den Bergbahnen Kitzbühel), ebenso ist der TVB nun Mitglied bei der Angebotsgruppe „Österreichs Wanderdörfer“. Viktoria Veider-­Walser: „Wir müssen ständig an uns arbeiten und uns weiterentwickeln. Bei uns gilt immer: zuerst das Produkt und dann die Kommunikation. Das heißt, erst wenn wir mit der Qualität eines Produkts oder Angebots zufrieden sind, gehen wir damit in die Kommunikation.“ Sie rechnet deshalb damit, „dass die Qualitätsoffensive unserer Leistungsträger auch in diesem Jahr zu spüren sein wird und Kitzbühel bei den Wertschöpfungsindikatoren, allen voran Umsatz/Bett, eine gute Entwicklung aufzeigt.“

Eines steht fest: Von den drei TVBs konnte keiner seine Sommer-Ergebnisse so steigern wie Serfaus-­Fiss-Ladis. Daran ändern auch die Halbzeit-Ergebnisse im Sommer 2023 nichts. Und noch eines: Die zweite Halbzeit ist bereits im Gange und abgerechnet wird bekanntlich erst am Schluss.

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