Casinos Austria Tourismus Talk

Mangelberufsliste, „Gascht“ und Gütesiegel gegen Mitarbeitermangel

Print-Ausgabe 9. März 2018

Bei der Podiumsdiskussion im Casino Bregenz stand jenes Thema im Mittelpunkt, das Österreichs Tourismus unter den Fingern brennt, wie kein anderes.

Der Aufwärtstrend ist eindeutig: in der ersten Hälfte der Wintersaison2017/18 stiegen in Österreichs Tourismus die Nächtigungen um 5,9 Prozent, die Ankünfte um 5,3 Prozent. Auch die Zahl der Beschäftigten erreicht ein Rekord-Niveau (im Vorjahr 208.000). Allerdings ist der Bedarf größer, als er gedeckt werden kann. „Gehen dem Tourismus die Fachkräfte aus?“ lautete deshalb die kritische Fragestellung für den „9. Casinos Austria Tourismus Talk“, der Ende Februar auf Einladung von Casinos Austria Vorstand Dietmar Hoscher und Bernhard Moosbrugger, Direktor des Casinos Bregenz, im Casino Bregenz über die Bühne gegangen ist. Über 80 TouristikerInnen aus Vorarlberg nahmen daran teil und erlebten eine spannende Diskussion.

Wie Landesstadthalter und Tourismuslandesrat Karlheinz Rüdisser ausführte, sind in der Vorarlberger Wintersaison an die 13.000 Menschen im Tourismus tätig. Der Bedarf ist damit um 3.000 bis 3.500 MitarbeiterInnen höher, als im Sommer (im gesamten Alpenraum sind es sogar 60.000). Doch Anfang Dezember 2017 waren laut Tourismus-Spartenobmann Elmar Herburger in Vorarlberg 1.000 Stellen unbesetzt, vor allem im Küchen- und Servicebereich. Mit Beginn Februar, dem stärksten Monat des Jahres, fehlten immer noch 350. Vor allem Saisonbetriebe sind von der Problematik betroffen. „Sie müssen jedes Jahr rund 60 Prozent ihrer Belegschaft neu finden“, so Herburger. Sein Hotel, der Gasthof Mohren in Rankweil, kann als Stadthotel hingegen den größten Teil der Belegschaft das ganze Jahr über beschäftigen und hat daher ein sehr stabiles Team.

Stärker von der Saisonalität betroffen ist ÖHV-Landeschefin Heike Ladurner-Strolz. Ihr Hotel Zimba in Schruns ist zwar ebenso wie Herburgers Gasthof Mohren einer von neun mit dem Gütesiegel „Great Place to Work“ ausgezeichneten „besten Arbeitgeber Vorarlbergs“, an der Schwierigkeit, qualifizierte MitarbeiterInnen zu finden, ändert das aber nichts. Erleichterung könnte eine Änderung der Mangelberufsliste bringen: diese orientiert sich nach wie vor am bundesweiten Bedarf. Landesrat Rüdisser war einer der ersten Politiker, die eine bundesländerweise Betrachtung forderten. Der Grund: ist ein Beruf als Mangelberuf anerkannt, besteht für Arbeitgeber leichter die Möglichkeit, Fachkräfte aus Nicht-EU-Staaten anzustellen. Rüdisser: „Leider haben die Vorarlberger Tourismusbetriebe nichts davon, wenn wir erfahren, dass es in Wien ein paar hundert arbeitslose Köche gibt.“

Alleine damit wird es nicht getan sein. Langfristig müsse die Branche ihr Image als Arbeitgeber verbessern, um qualifizierte MitarbeiterInnen zu finden und an sich zu binden – darüber war sich die Podiumsrunde einig. Dietmar Hoscher: „Ein Job, der von vornherein auf fünf oder sechs Monate pro Jahr beschränkt ist, leidet unter mangelnder Attraktivität. Vielfach hat der Tourismus – großteils unverdient – deshalb ein schlechtes Image als Arbeitgeber.“ Dieser Ruf bestehe heute zwar „großteils zu Unrecht, aber er hat sich in den Köpfen der Menschen festgesetzt.“

Vorarlberg hat aus diesem Grund eine neue, attraktive Tourismus-Ausbildung geschaffen, die „Gascht”. Spartenobmann Herburger beschreibt sie als „duale Ausbildung, die deutlich über die klassische Lehre hinausgeht.“ Der erste Jahrgang startete im September mit 90 TeilnehmerInnen und war überbucht, sodass nicht alle Interessierten aufgenommen werden konnten. Rückgang bei „herkömmlichen“ Lehrlingen gab es trotzdem keinen.

Eine weitere Maßnahme stellt die Initiative „Great Place to Work“ dar. Dieses internationale Gütesiegel wurde für Klein- und Mittelbetriebe im Tourismus adaptiert. In einigen Jahren, so Elmar Herburger, „sollen mindestens 150 Betriebe als ‚Great Places to Work‘ zertifiziert sein und so dokumentieren, dass Tourismus-Unternehmen attraktive Arbeitgeber sein können.“ Für Casinos Austria Vorstand Dietmar Hoscher ein guter Weg: „Die Branche befindet sich in einem rasanten Wandel, von den Unternehmen wird erwartet, dass sie sich ständig neu erfinden – also muss sich wohl auch die Ausbildung entsprechend neu aufstellen.“ 

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Erstellt am: 09. März 2018

am Bild, v.l.: Dietmar Hoscher, Karlheinz Rüdisser, Heike Ladurner-Strolz, Elmar Herburger, Direktor Bernhard Moosbrugger und Moderator Christopher Norden (T.A.I.)

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