Kitzbühel Tourismus

„Große Chance, die Strukturen der Verbandtätigkeit kritisch zu hinterfragen“

Print-Ausgabe 9. Oktober 2020

Freut sich, dass der werbliche Fokus auf die Nahmärkte Wirkung gezeigt hat: Viktoria Veider-Walser


 

In der Gamsstadt geht es nicht nur darum, Corona-Hürden zu meistern. Ebenso wichtig ist es für GF Viktoria Veider-Walser, den TVB fit für die Zukunft zu halten

Juli und August 2020 brachten für den Kitzbühel Tourismus ein Nächtigungs-Minus von -23,6 %. In Tirol lag der Rückgang im selben Zeitraum bei „nur“ -10,7 %. Doch dafür, dass die Gamsstadt im Sommer nicht besser abgeschnitten hat, gibt es laut TVB-Geschäftsführerin Viktoria Veider-Walser handfeste Gründe. Im Gespräch mit T.A.I. ging es aber nicht nur um das Meistern der Corona-Krise.

T.A.I.: Sind Sie enttäuscht, dass Kitzbühel nicht besser performen konnte?

Viktoria Veider-Walser: „Je vereinfachter die Darstellung, umso weniger Aussagen können getroffen werden. Der Sommer in Kitzbühel verlief weit positiver als prognostiziert. Trotzdem hat uns unsere internationale Struktur, die sonst ein Vorteil ist, heuer zum Nachteil gereicht. Jeder 5. fehlende Gast kam letzten Sommer aus Großbritannien. Auch unsere sonstigen Ankünfte aus den Americas, den asiatischen und arabischen Natio­nen schmerzen heuer natürlich. Das sonst so erfolgreiche MICE Segment ist de facto ebenfalls zum Erliegen gekommen. Gleichzeitig war die Auslastung einiger Häuser diesen Sommer rekordverdächtig.“

T.A.I.: Einige Hotels hatten erst gar nicht aufgesperrt. Wie sehr verzerrt das den Vergleich mit dem Vorjahr?

Veider-Walser: „Alleine bei den Nächtigungen von Juli bis August können die Rückgänge zu einem Drittel den heuer geschlossenen Betrieben zugeschrieben werden. Das schlägt sich natürlich merklich in den Statistiken nieder.“

T.A.I.: Wie haben sich die Quellmärkte der DACH-Region ent­wickelt?

Veider-Walser: „Erfreulicherweise hat unser werblicher Fokus auf unsere Nahmärkte, insbesondere Deutschland und Österreich, Wirkung gezeigt. Besonders in den von uns stark beworbenen Regionen wie Wien, Ober- und Niederösterreich sowie dem bayerischen Raum, konnten wir teils zweistellige Zuwächse im Juli und August erzielen. Auch der Anteil hat sich heuer zugunsten dieser Märkte verschoben. Der Anteil österreichischer Gäste ist beispielsweise von 16 % auf 27 % gestiegen, jener deutscher Gäste von 44 % auf 55 %.“

T.A.I.: All das ließ einiges für die Nachsaison erwarten. Welche Werbemaßnahmen hatten Sie dazu gestartet? Werden die von den jüngsten Reisewarnungen nicht unterlaufen?

Veider-Walser: „Nach der äußerst erfolgreichen #Sommerfrische-Kampagne sind wir mit gleichem Werbedruck in den Herbst gestartet. Die Multi-Channel #Genussmoment-Kampagne hat sich als eine der stärksten Kampagnen entwickelt. Besonders die intensive Integration unserer Partner in die Kommunikationsarbeit hat sich als äußerst erfolgreich erwiesen. Die aktuelle Reisewarnung aus Deutschland hat uns daher sehr getroffen.“

T.A.I.: Wie bereitet sich der Kitzbühel Tourismus auf den Winter vor?

Veider-Walser: „Laut einer aktuellen Studie vom Market Institut ist 80 % der potenziellen Urlauber ein klar erkennbares Corona-Sicherheitskonzept in den Tourismusbetrieben und der Urlaubsdestination (sehr) wichtig. Aus diesem Grund haben wir bei Kitzbühel Tourismus die zentralen Handlungsfelder für die Wintersaison definiert. Dazu gehören die bestmögliche Kommunikation nach innen und außen, höchstmögliche Klarheit wie ein Winterurlaub in Kitzbühel aussehen wird, die Vorbereitung aller potenziell notwendigen Maßnahmen, wie z. B. Contact Tracing oder ein Safe House, und die Vorbereitung möglicher Teststrategien für den Gast. Über all das sind wir in laufendem Austausch mit Bergbahn, Stadtgemeinde und den Vertretern aus Skischulen, Skiverleih, Gastronomie und Hotellerie. Ziel ist es, uns mit höchster Sorgfalt auf die Wintersaison vorzubereiten.“

T.A.I.: Wie steht es mit den Vorbereitungen zu den Hahnenkamm-Rennen?

Veider-Walser: „Die Vorbereitungen des Kitzbüheler Ski Clubs, als Ausrichter der Hahnenkamm Rennen, starten am ersten Tag nach Abschluss des letzten Rennens. Von daher war es gerade für diese Protagonisten eine sehr herausfordernde Zeit. Ich bin jedoch überzeugt, dass sie die bestmögliche Option im Rahmen der Möglichkeiten umsetzen werden.“

T.A.I.: Zum Abschluss noch etwas Persönliches: Im Dezember werden es drei Jahre, dass Sie Geschäftsführerin des Kitzbühel Tourismus sind. Welches war ihr bisher schönster Moment in dieser Funktion? Was von dem, das Sie sich vorgenommen hatten, konnten Sie bisher umsetzen?

Veider-Walser: „Mein Team und ich haben in den letzten drei Jahren sehr viel Zuspruch für unsere Arbeit für die Region erfahren. Das freut mich insbesonders, als dass wir sehr viele neue Wege eingeschlagen und die Prozesse teils radikal verändert haben.
Ein großes Anliegen war mir die Strategie Kitzbühel 365. Auch wenn initial belächelt, halten wir den 2017 eingeschlagenen Kurs in Marketing und Produktentwicklung. Ein klares Ziel nach innen und außen hat unsere Arbeit um einiges effizienter gemacht. Alleine in den Jahren 2018 und 2019 haben wir 150 neue Projekte geplant und fertiggestellt. Das bedarf viel Motivation und Einsatz. Dafür bin ich meinem Team sehr zu Dank verpflichtet.“

T.A.I.: Wo sehen Sie sich bzw. den Kitzbühel Tourismus in drei Jahren?

Veider-Walser: „Die aktuelle Situation hängt natürlich wie ein großes Damoklesschwert über unserer Tätigkeit. Ich bin aber überzeugt, dass jetzt die große Chance ist, die eingefahrenen Strukturen unserer Verbandtätigkeit kritisch zu hinterfragen. Was sind unsere aktuellen Aufgaben und welche zentralen Handlungsfelder eröffnen sich für die Zukunft? Wo kann unsererseits ein Mehrwert geschaffen werden und machen die aktuellen Strukturen denn immer noch Sinn? Das sind nur einige jener Punkte, die wir in den kommenden drei Jahren meiner Ansicht nach diskutieren sollten.“ 

Das Hotel Gamshof sorgt im Herbst für Genussmomente in Kitzbühel

Kommentar schreiben

Bitte die Netiquette einhalten. * Pflichtfelder

Nach oben