ANA
T.A.I. vor Ort in Aserbaidschan

Zu Gast im „Land des Feuers“. Auch König Fußball gibt sich die Ehre

Print-Ausgabe 22. Februar 2019

Durch seine autoritäre Regierung oft Ziel harscher Kritik, hat das Land als Destination einiges zu bieten – so auch Offenheit und Toleranz

Zu Baku, Hauptstadt von Aserbaidschan, fällt den Meisten wahrscheinlich nur Erdöl ein. Tatsächlich ist die Stadt am Kaspischen Meer seit Mitte des 19.Jahrhunderts bis in die Gegenwart als Boom-Town des schwarzen Goldes bekannt. Davon zeugen heute noch die prächtigen Schlösser und Villen der Öl-Barone aus dem 19. und beginnenden 20. Jahrhundert. Um die Abhängigkeit vom Erdöl zu verringern, setzt die (autoritäre) Regierung (derartiges gibt es leider in einigen beliebten Reiseländern) zunehmend auch auf Tourismus. Aus gutem Grund: Aserbaidschan hat als Destination einiges zu bieten.

2007 wurde zwischen der Azerbaijan Tourism and Management University (ATMU) in Baku und der IMC-Fachhochschule Krems ein Kooperationsabkommen geschlossen. Im Zuge dieser Zusammenarbeit hat T.A.I.-Kolumnist Helmut Zolles eine Blockvorlesung abgehalten und sich daneben ein wenig im Land umgesehen. Hier sind seine Eindrücke.

Die an der Seidenstraße gelegene Zwei-Millionen Metropole Baku ist, so sein Fazit, eine Reise wert. Immerhin gibt es die größte Stadt der Kaukasus-Region seit 8.000 Jahren und sie hat viele Relikte ihrer langen und bewegten Geschichte liebevoll aufbewahrt – eine prächtige islamische Altstadt aus dem 12. Jahrhundert, die luxuriösen Bauten aus der Zeit des Öl-Booms und daneben russische Architektur von der Zarenzeit bis zur stalinistischen Periode – gehörte Baku doch über 150 Jahre bis auf eine kurze Unterbrechung von 1918 bis 1920 zuerst zum Russischen Reich und dann zur Sowjetunion.

Seit der Unabhängigkeit 1991 wurden einige bemerkenswerte moderne Bauten errichtet, darunter das von der weltberühmten Architektin Zaha Hadid entworfene „Heydar Alijev Center“, ein Kulturzentrum in Form eines blütenweißen Sonnenhutes, oder die hoch über die Stadt aufragenden „Flame-Towers“, drei Wolkenkratzer in Form von Flammen, die des Nachts in allen Farben des Regenbogens glitzern.

Wie überhaupt die Stadt zu Recht als Lichterstadt bezeichnet werden kann, denn kaum wo anders wird man ähnlich aufregende Lichteffekte auf Straßen, Bauten und Plätzen bewundern können – Energie gibt es ja in Hülle und Fülle.

Als Gast fühlt man sich in Baku bestens aufgehoben. Die Bevölkerung ist freundlich, höflich und spontan hilfsbereit. Wie in den meisten Hafenstädten herrschen Offenheit und Toleranz vor, Frauen haben – wie in Österreich – seit 1918 das Wahlrecht und treten entsprechend selbstbewusst auf. Kopftücher oder andere religiöse Bekleidungen sind nur in Ausnahmefällen zu sehen, jedenfalls weitaus weniger oft als in vielen europäischen Großstädten. Im Übrigen unterhält das islamische Land ausgezeichnete Beziehungen zu Israel.

Die Preise für Hotels und Restaurants sind moderat. Für die Fortbewegung kann die (zwar nur kurze aber spektakuläre) Untergrundbahn oder eine Fahrt im Taxi empfohlen werden. Nachdem Baku, um auf die touristische Landkarte zu kommen, auf Veranstaltungen von Groß-Events wie den European Songcon­test 2012 oder Formel 1 Rennen setzt, ist damit zu rechnen, dass der öffentliche Verkehr noch weiter ausgebaut wird. Schon im Hinblick auf das UEFA-Finale 2019 und die vier Spiele der Fußball-EM 2020 (die Endrunde 2020 wird an 12 Spielstätten in ganz Europa ausgetragen) im beeindruckenden Olympiastadion. Baku ist auch Kandidatenstadt für die EXPO 2025. Ein bleibender Nebeneffekt dieser Veranstaltungen ist die überall vorherrschende Sauberkeit und Sicherheit.

Außerhalb der Stadt empfehlen sich Schifffahrten auf dem Kaspischen Meer oder ein Ausflug zu den Feuertempeln, die seit alters her Aserbaidschan den Namen „Land des Feuers“ gegeben haben. Züngeln doch immer noch an vielen Orten brennende Ölquellen und Gasaustritte in den Himmel.

Wer am Ende der Reise noch nicht sein ganzes Geld ausgegeben hat, kann es für teure Souvenirs, wie Kaviar und Teppiche, verwenden. Eine preisgünstigere und zudem sehr typische Alternative ist der in Aserbaidschan kultivierte großartige Tee, der den Reisenden noch lange an die ausgezeichnete orientalische Küche des Landes erinnern wird.

Apropos Einkauf: Selbstverständlich gibt es in allen Stadtvierteln kleine Läden und Supermärkte, die 24/7 geöffnet haben. Eine Großstadt zu sein (oder sein zu wollen) verpflichtet eben. Spätestens wenn dann am hochmodernen Flughafen (kürzeste Verbindungen bieten Turkish, UIA und Aeroflot) die Passagiere mit „dear Ladys and Gentlemen, dear Children“ aufgerufen werden, weiß man: Hier ist ein sehr gastfreundlicher Ort, der alle Voraussetzungen dafür hat, zum Reiseziel mit hohem Begeisterungspotential zu werden. 

Heydar Alijev Center

Heydar Alijev Center

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