Touristik-Analyse

Wie sicher sind die Reise-Riesen? Kennzahlen-Vergleich von TUI, DER Touristik, FTI, alltours & SLR

T.A.I. 24 TOP News

Spätestens seit Inanspruchnahme der Staatshilfe in Höhe von 1,75 Mrd. Euro durch den weltgrößten Touristik-Konzern, TUI, stellt sich die Frage, wie solide die großen Reisekonzerne der DACH-Region aufgestellt sind. T.A.I. hat dazu die wichtigsten Kennzahlen unter die Lupe genommen.

Gleich vorweg: Sie sind allesamt erheblich besser, als der im September insolvent gewordene Thomas Cook-Konzern. Dessen – noch geschönte – Eigenkapitalquote lag per Ende 2018 bei mageren 4,4%. In Wirklichkeit – also die Wertberichtigung von Anfang 2019 mit einberechnet – wäre sie bereits damals mit -13,8% deutlich negativ gewesen.

Die Ausgangslage

Die Kennzahlen gegenüber zu stellen, ist insofern nicht ganz einfach, als TUI der einzige Börsen-notierte Reise-Riese ist und dadurch zeitnah seine Geschäfts- und Quartalsberichte publiziert. Bei der Nummer 2, der DER Touristik, ist dies nicht der Fall: Als Tochter der REWE Group werden keine detaillierten Zahlen (mit Ausnahme von Umsatz) kommuniziert. Hier ist es also notwendig, einen Blick auf die REWE Group insgesamt zu werfen.

Noch schwieriger stellt sich die Analyse der FTI Touristik dar. Deren letzter verfügbarer Jahresabschluss datiert aus 2017. Für das Folgejahr und 2019 wurden bislang nur ca. Umsatzzahlen genannt, die auf ein dynamisches Wachstum rückschließen lassen. Ob es bei den Kennzahlen zu Verbesserungen kam, ist von außen nicht feststellbar.

Mustergültig präsentieren sich hingegen alltours und Schauinsland-Reisen: Beide sind Familien-Unternehmen, beide sind streng nach dem Prinzip kaufmännischer Vorsicht geführt und müssen nicht – wie z. B. die TUI – auf die Interessen von Finanzinvestoren achten.

Von den großen DACH-Reisekonzernen haben TUI, DER Touristik und alltours ihre Reisen bis zum 30. April abgesagt, bei FTI gilt vorerst der 19. April als Stichtag, bei Schauinsland Reisen der 23. April. Ebenso wurde großteils Kurzarbeit von 1. April bis 30. September beantragt.

TUI Konzern

Die TUI ist mit 18,9 Mrd. Euro Umsatz (2019) der weltgrößte Touristik-Konzern. Die Eigenkapitalquote erreichte zuletzt rund 25,6%. Die beantragte und genehmigte Hilfe bei der der staatlichen deutschen Förderbank KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) in Höhe von 1,75 Mrd. Euro sieht CEO Friedrich Joussen als „einen wichtigen ersten Schritt für die TUI, um die derzeitige Ausnahmesituation erfolgreich zu überbrücken.“ Der TUI Konzern sei durch die Corona-Krise „vorübergehend ein Unternehmen ohne Produkt und ohne Einnahmen. Diese Situation gilt es zu überbrücken.”

Durch den KfW-Überbrückungskredit verfüge TUI zum gegenwärtigen Zeitpunkt über Finanzmittel und Kreditlinien in Höhe von insgesamt 3,1 Mrd. Euro. Wie Joussen bereits mehrfach betonte, habe TUI „gesunde Kennziffern“ und rechtzeitig „größtenteils die Kehrtwende vom reinen Veranstaltergeschäft vollzogen.“

DER Touristik

Die DER Touristik als Reisesparte der REWE Group (Dertour, ITS, Jahn Reisen, Meiers Weltreisen und ADAC Reisen) veröffentlicht wie eingangs erwähnt keine eigenen Geschäftsberichte. Doch das Unternehmen steht auf soliden Beinen. Das Eigenkapital des Mutterkonzerns REWE Group belief sich Ende 2018 auf 6,5 Mrd. Euro, die Eigenkapitalquote erreichte einen Wert von 31,4%. Das EBT (Earnings Before Tax) war mit 583,5 Mio. Euro (REWE Konzern) deutlich positiv und um 22,9% höher, als im Jahr davor.

Laut DER Touristik-CEO Sören Hartmann wurde 2018 in der Reisesparte ein Umsatz von 6,74 Mrd. Euro erwirtschaftet (+3,4%). Über Ertragszahlen werden für die DER Touristik keine Angaben gemacht. Auf die Zahlen für 2019 muss man noch warten. Ursprünglich sollten sie am 31. März 2020 kommuniziert werden. Jetzt wurde dieser Termin auf Anfang April verschoben.

FTI Group

Auch wie die FTI Group dasteht, kann nur vermutet werden. Die letzte im deutschen Unternehmensregister verfügbare Bilanz stammt aus 2017. Der Umsatz erreichte damals 3,1 Mrd. Euro, das EBT kam bei 0,5% in Relation zum Umsatz zu liegen. Die Eigenkapitalquote hielt bei 10,1%.

Für 2019 belief sich der Umsatz laut CEO Dietmar Gunz auf 4,1 Mrd. Euro (+14% gegenüber 2018, als 3,6 Mrd. Euro genannt wurden). Ende 2019 investierte die Abu Dhabi Developmental Holding Company (ADDH) als neuer strategischer Partner laut Unternehmens-Information 100 Mio. Euro in FTI Group. In welcher Form und wie konkret das Engagement aussieht, wurde bislang nicht kommuniziert.

Auch FTI hat Mitte März bei der Förderbank KfW um eine Staatsbürgschaft angesucht. Anders als bei TUI ist aber weder die Höhe des beantragt Kredites bekannt, noch wann dieser bewilligt wird.

alltours

Von allen Reisekonzernen steht alltours mit einer Eigenkapitalquote von zuletzt 50,6% mit Abstand am besten da. Unternehmens-Chef und Gründer Willi Verhuven belässt traditionell die erwirtschafteten Gewinne im Unternehmen, um dessen Substanz zu stärken. Dies zeigt sich auch am mit 57,1% extrem hohen Anteil der Sachanlagen am Gesamtkapital (bei TUI sind es 35,9%).

In welcher Form Willi Verhuven plant, die Corona-Krise durchzustehen, darüber hält er sich bedeckt. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass alltours – mit Ausnahme der Kurzarbeit – Hilfe von außen beantragt bzw. benötigt.

Schauinsland-Reisen

Wie alltours ist Schauinsland-Reisen ein überaus solide aufgestelltes Familienunternehmen, an dessen Spitze Gerald Kassner steht. Von Umsatz- und Gästezahlen rangiert Schauinsland knapp hinter alltours. Auch die Kennzahlen sind sehr gut und mit einer Eigenkapitalquote von zuletzt 36,1% steht der Reiseveranstalter auf überaus soliden Beinen. Welche Maßnahmen über Kurzarbeit und Reiseabsagen hinaus gesetzt werden, diesbezüglich lässt sich Gerald Kassner nicht in die Karten blicken: „Wir beobachten die sich täglich verändernden Bedingungen weiterhin sehr genau.“

Anm.d.Red.: Alle Zahlen wurden nach bestem Wissen und Gewissen erhoben und sind ohne Gewähr.

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