Print-Ausgabe 12. Jänner 2017
Gegenüber dem Vorjahr wurde das NIKI Ferienflug-Angebot auf rund ein Viertel reduziert – der A321, von dem nur fünf in Wien eingesetzt werden, gilt als zu groß für den Markt
Der Schock saß tief, sowohl bei der Belegschaft von flyNIKI als auch bei Reisebüros, TMCs (Travel Management Companies) und den Reiseveranstaltern, als sie im Laufe des Dezember von den Planungen rund um die künftige NIKI-Rolle im Rahmen der neuen Ferienfluggesellschaft von Etihad und TUIfly mit dem Arbeitsnamen „Blue Sky“ erfuhren: Einstellung des gesamten Linienverkehrs, Umflottung auf ausschließlich Airbus A321 (keine A319 und A320 mehr), wobei von den insgesamt 22 Jets lediglich fünf (!) in Wien stationiert werden. Der Rest wird im Rahmen der „Blue Sky“ in den Quellmärkten Deutschland und der Schweiz eingesetzt.
Die Einschnitte sind also enorm. Zum Vergleich: Standen im Sommer 2016 laut T.A.I. Ferienflug-Timetable (abgesehen von den Städteflügen) noch bis zu 200 wöchentliche NIKI-Flüge ab Wien, Salzburg, Graz, Innsbruck und Linz in 15 Länder zu 50 Zielflughäfen auf dem Programm, sind nach der nunmehrigen Planung für den Sommer 2017 lediglich 56 Rotationen in sieben Länder zu 20 Zielflughäfen übrig geblieben. Linz scheint gar nicht mehr im NIKI-Flugplan auf, Graz und Innsbruck nur noch mit je zwei wöchentlichen Mallorca-Flügen. Ab Salzburg fliegt NIKI sechsmal wöchentlich nach Mallorca, zweimal nach Heraklion sowie je einmal nach Rhodos, Chania und Korfu.
Damit wurden zahlreiche Flugvorhaben der Reiseveranstalter für den kommenden Sommer, dessen Buchungen bereits voll angelaufen waren, über den Haufen geworfen. T.A.I. hat sich bei den wichtigsten NIKI-Kunden umgehört, wie dort mit der Situation umgegangen wird.
Lisa Weddig, CEO von TUI Österreich: „Wir versuchen das Angebot, das wir für den Sommer aufgelegt haben, möglichst zu halten, zum Teil auch mit NIKI.“ Ebenso wird nach Alternativen (u.a. durch Austrian Airlines und Eurowings) für Flüge gesucht, die von den Streichungen betroffen sind. „Wir hoffen, in wenigen Wochen Klarheit zu schaffen.“ Mit der deutschen Avanti Air (1994 gegründet, zwei Fokker 100 Jets) wurde ein neuer Flug-Partner gewonnen, mit weiteren Airlines laufen Verhandlungen.
Für Ioannis Afukatudis, CEO von Thomas Cook Austria, macht es zwar „aus Sicht der Airlines Sinn, größeres Gerät hinzustellen, nicht aber für Reiseveranstalter in einem kleinen Markt wie Österreich. Das sind 18 Prozent mehr Passagiere pro Flug und auch mehr Kosten, das Risiko wird aus Veranstalter-Sicht höher. Das ist nicht so angenehm für uns.“ Dies gelte auch für Split-Charter. Bei Thomas Cook hängen dadurch jetzt laut Ioannis Afukatudis „ein paar tausend Gäste ab den Bundesländern in der Luft“, für die intensiv nach Alternativen gesucht wird (u.a. Germania, die zypriotische Cobalt Air mit Airbus A319 und A320 sowie SunExpress). „Wir wollen ein gescheites Gerät hinstellen, mit dem wir die Destinationen bedienen können – nicht alleine, sondern in Zusammenarbeit mit anderen Veranstaltern.“ Dem NIKI-Management zollt Afukatudis Lob: „Die sind offen und sehr hilfsbereit.“
Auch bei der REWE Austria Touristik ist es laut Geschäftsführer Martin Fast bereits großteils gelungen, Ersatzkapazitäten zu sichern. Offen sei zum Teil noch das Thema Bundesländer, wobei hier Griechenland an oberster Stelle rangiert.
Kritisch äußert sich Alexander Gessl, Chef der FTI Group in Österreich: „Wir sehen in der Beschäftigung dieses Aircraft Types (A321-200) einige Probleme, da bisher im Flugplan erfolgreich aufgenommene Ziele sowie die Abflüge ab den Bundesländern nicht mehr möglich sein werden. Dies ist in unseren Augen eine erhebliche Einschränkung und Veränderung im Flugplan für Österreich.“ Die aktuellen Verhandlungen mit NIKI bezeichnet Gessl als „schleppend, aber immer noch positiv.“ Bezüglich Ersatzlösungen „reden wir verstärkt mit Austrian, Eurowings und weiteren EU-Carriern“, wobei die FTI Group „auch neue Carrier, z.B. Fly Egypt für Hurghada, nach Österreich bringen“ wird.
Groß ist die Enttäuschung von Andrea Springer, die im Vorjahr mit NIKI u.a. ab Graz nach Skiathos und Santorin unterwegs war. „Wir fliegen jetzt mit Austrian Airlines“, betont sie gegenüber T.A.I. Zudem gilt es, die bisher eingelangten Gruppen-Buchungen unterzubringen. Die Kürzung der sechs wöchentlichen Graz-Palma Flüge auf nur noch zwei stellt dabei eine ordentliche Hürde dar.
Nicht viel anders ist die Situation für GTA SKY WAYS. Wolfgang Ehardt, Manager Product, Sales & Communication: „Außer auf touristischen Rennstrecken, die es kaum noch gibt, ist der A321-200 für den österreichischen Markt überdimensioniert. Speziell in den Bundesländern, aber auch für die meisten Ziele ab/bis Wien, ist das Fluggerät zu groß. Bei der Kapazität und den Kosten wird sich die Nachfrage sicher reduzieren.“ Mit NIKI stehe GTA aber laufend in Kontakt. Bezüglich Alternativen gibt es bereits Verhandlungen mit mehreren anderen potentiellen Flugpartnern.
Mit der Neuaufstellung von NIKI und dem Fokus auf die A321 hat auch Christof Neuhauser von Idealtours einen wichtigen Partner verloren. So wurden im Vorjahr von NIKI für Idealtours Charter nach Lefkas, Kefalonia, Thessaloniki, Lamezia Therme und Menorca geflogen. Die sind heuer nicht mehr möglich. Damit nicht genug, wurden auch die vier Palma de Mallorca-Flüge ab Innsbruck für 2017 auf zwei mit der A321 reduziert. Neuhauser: „Für unsere Destinationen ist dieses Fluggerät viel zu groß und auch nicht tauglich für die Bundesländerflughäfen. Wie uns geht es sicher auch allen anderen kleinen Veranstaltern in den Bundesländern, die mit Niki operiert haben. Die Alternativen sind rar, da die AUA leider mit dem Embraer auch nicht so schnell vorankommt wie geplant. Wir haben uns deshalb entschieden, die Airline zu wechseln, und werden unser gesamtes Programm mit einer Fokker 100 von Avanti Air abwickeln.“
Doch nicht nur die Reiseveranstalter haben mit NIKI „neu“ ein Problem, auch die Geschäftsreisebüros sind betroffen. Gerhard Aigner, Geschäftsführer von Verkehrsbüro Business Travel: „Die Änderungen und Umstellungen bei NIKI betreffen den Geschäftsreisenden durch die Einstellung des gesamten Linienverkehrs. Durch den Wegfall gewisser Liniendestinationen, wie z.B. Rom, Belgrad, Mailand, Nizza, Zürich, Stockholm, Paris, etc., reduziert sich das Angebot, da ein Mitbewerber ausfällt.“ Die Folgen lassen sich leicht ausrechnen: „Es kommt zu einer tariflichen Veränderung“, sprich, das Fliegen wird teurer.
Alle fünf Airbus A319-100 (150 Plätze) und elf Airbus A320-200 (180 Sitze) von NIKI werden bis Sommerflugplan zu Airberlin transferiert. Im Gegenzug wandern die 18 Airbus A321-200 (210 Sessel) von Airberlin zu NIKI, die bisher lediglich vier A321 in der Flotte hatte. Künftig betreibt NIKI damit 22 Airbus A321, wobei lediglich fünf in Wien stationiert werden. Der Rest wird in Deutschland und der Schweiz zum Einsatz kommen. Gegenüber dem A320 braucht der A321 ca. 14 Prozent mehr Sprit, die Reichweite ist zudem etwas geringer. Die A321 hat überdies ein rund 20 Prozent höheres MTOW (Max Takeoff Weight).
Von den bisher drei NIKI-Geschäftsfeldern fällt der Geschäftsreiseverkehr weg, es verbleiben der Charter (Veranstaltergeschäft) und der „regular Leisure“-Verkehr. Die bisherige Positionierung garantierte laut Geschäftsbericht 2015 einerseits eine deutlich bessere Auslastung und höhere Produktivität, anderseits erlaubte sie eine hohe Flexibilität und die markttypischen saisonalen Nachfrageschwankungen auszugleichen, was ergebnisstabilisierend wirkte. Dieser Vorteil entfällt künftig.
Erstellt am: 13. Jänner 2017
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