Standpunkt

Weihnachtsgeschichte 4.0

Print-Ausgabe 16. Dezember 2016

Was für ein Jahr! Sowohl weltpolitisch, als auch touristisch. Selbst ein Sir Tim Clark, seines Zeichens Präsident von Emirates Airline und einer der genialsten wie erfolgreichsten Luftfahrt-Manager der Gegenwart, gerät ins Grübeln: „Früher hatten wir eines dieser geschäftsschädigenden Ereignisse pro Jahr. Jetzt haben wir mehr als eines pro Monat“, meinte er jüngst in einem Interview mit dem „Economist“.

Die Krise – welcher Art auch immer – wird also zum Dauergast. Terror, Trump & Türkei-Putsch, Brexit, Briefwahl & Bombenanschläge, Flüchtlingsdramen, Finanzbeben & Fanatismus … Hand aufs Herz: wem ist da noch nach Weihnachtsstimmung zumute?

Blättern wir ein wenig in Geschichtsbüchern. Nicht in jenen, die in unerträglich-oberlehrerhafter Manier daran gehen, Vergangenes aus der Denk- und Sichtweise der Gegenwart zu interpretieren, inklusive verkrampftem Bedacht auf political correctness. Nein, stöbern wir in bereits angejahrten Werken, wie etwa Winston Churchills „Die großen Demokratien“ oder – noch besser – Helmut von Moltkes „Unter dem Halbmond – Erlebnisse in der alten Türkei 1835 - 1839“. Letzteres basiert auf Briefen, die der preußische Offizier von seinen Einsätzen und Reisen in Kleinasien und im Zweistromland an seine Eltern schrieb. Authentisch und unverblümt.

Die Erkenntnis daraus? Es war – um es kurz zu halten – nie anders. Die Krise war und ist seit jeher ständiger Begleiter des Alltags. Bloß geschah dies in einer noch überaus rudimentär vernetzten Welt, die sich zwangsläufig, und das bis vor wenigen Jahren, erheblich langsamer zu Drehen schien. Keine Trump-Twitter, keine Facebook-Fakes, keine Rund-um-die-Uhr Smartphone-News, die Sensationsmeldungen samt Bildern und Videos aus jedem hinteren Erdenwinkel in Sekundenschnelle rund um den Globus schießen und eine Schneeball-, ja Lawinenartige Verbreitung finden.

„Mehr als ein geschäftsschädigendes Ereignis pro Monat“, wie eingangs von Sir Tim Clark erwähnt, daran werden wir uns wohl gewöhnen müssen. Und wir tun es. Mit Sicherheit. Wie der vielzitierte Frosch, der gemütlich im sich langsam erhitzenden Wasser sitzen bleibt, bis es kocht. Der ist dann allerdings tot. Wir hingegen können uns, und sollten uns, anpassen, zumindest an die Krise als Dauergast. Auch im Tourismus.

Das ist zwar keine schöne Weihnachtsgeschichte, aber eine realistische. In diesem Sinne wünscht nicht nur harmonische Feiertage, sondern auch, allem Unbill der auf uns wartet zum Trotz, ein erfolgreiches und glückliches 2017 der

Lupo

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