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„The Shed“ – Ein Lee(h)rStück

Print-Ausgabe 9. Februar 2018

Eigentlich hatte ich gedacht, die Geschichte sei „durch“. Schließlich hatte „The Shed at Dulwich“ in meiner Online-Blase schon im Dezember die Runde gemacht. Aber Blase ist Blase – und befreundete Bewohner der „echten“ Welt sahen mich unlängst beim Abendessen fassungslos an: Wir plauderten über Bewertungsplattformen – in ihren Augen „verlässliche, unbestechliche“ Tools bei Hotel- und Lokalsuche.

„The Shed at Dulwich“ war 2017 Londons angesagtestes Restaurant. Oobah Butler hatte den „Schuppen“ in wenigen Monaten von Platz 18.149 der Londoner Lokal-Charts auf Platz eins gebracht. Toll. Vor allem wenn man den Clou kennt: „The Shed“ gibt es nicht. Butler hatte ein groteskes Konzept ohne Adresse online gestellt und Freunde um Jux-Bewertungen gebeten. Das reichte: Promis wollten Tische. TV-Teams suchten Dulwich ab. Und wie bei „Kaisers neuen Kleidern“ sagte keiner, was er (nicht) sah. Im Gegenteil: Die Bewertungen wurden euphorischer – und mehr. Bis Butler die Geschichte von „The Shed“ selbst veröffentlichte: Wie einfach es gewesen war. Weil niemand – auch nicht die Bewertungsplattform – hinterfragte, ob online echt sei.

Meine Runde lachte. Nur einer nicht: „Die wahre Botschaft dahinter ist die Tragödie unserer Zeit: Wenn die Leute alles glauben, was man ihnen vorsetzt, ist jeder selber Schuld, der es anders macht.“

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