Print-Ausgabe 11. August 2017
Vergeben Sie mir, wenn ich hier noch einmal die Schweiz thematisiere. Bloß: Es war auf meiner Reise ins Engadin einfach unmöglich, das konsequente Abfeiern der Klischees durch die offiziellen Repräsentanten der Schweiz, nicht fröhlich zu beschmunzeln: War es zuletzt die fast grotesk zelebrierte Freude an der Pünktlichkeit, die bis zur Gepäckband-Anzeige am Flughafen reichte, ist es heute die Kunst, neben Postkartenidylle und Sprache sogar, Sturheit als sympathisches Asset zu vermitteln .
Das Setting (nur der Komplettheit halber): Ich nahm am Silvanpalansee, bei St. Moritz, an einem „Ötillö“, einer wilde Kombi aus Berglaufen und Schwimmen, teil. Das Ding boomt überall in Europa – außer in Österreich.
Von Zürich ins Engadin fährt man Zug. Die Schweizer sind – zurecht – stolz, wie traumhaft Trasse und Landschaft harmonieren. Und achten darauf, dass das Rot der Waggons das Ansichtskarten-Idyll bestätigt: Die Schweiz lebt von den Schweiz-Bildern in den Köpfen. Davon darf die Wirklichkeit nicht abweichen.
Auch nicht akustisch: Natürlich kann jeder Schweizer verständlich deutsch sprechen. Dennoch fragt der „Kondiktör“ nach „Bilets“ lieber englisch. „Wir können auch deutsch reden“ ändert daran nichts: „Obviously. But this way we do understand each other much better.“
Dabei bleibt es dann auch. Bis zum Endbahnhof: Alle paar Minuten die Meinung zu ändern, mag Vieles sein – nur Eines nicht: Schweizerisch.
Erstellt am: 11. August 2017
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