Österreich Werbung

„Sehe immer nur die Zukunft!“ Vier Treiber dominieren jene des Tourismus

Print-Ausgabe 14. Mai 2021

„Gerade in Zeiten wie diesen sieht man, wie wichtig der Tourismus für Österreich ist“, so Petra Stolba


 

15 Jahre stand Petra Stolba als Geschäftsführerin an der Spitze der Österreich Werbung, die in Zukunft mehr denn je zur Produkt-Innovationsplattform wird

„Würde es die Österreich Werbung nicht geben, man müsste sie glatt erfinden.“ Das sagte ÖW-Geschäftsführerin Petra Stolba in einem Interview 2010. Damals stand sie dreieinhalb Jahre an der Spitze von Österreichs National Tourist Organisation. Seither kamen elf weitere Jahre hinzu – ein Zeitraum, in dem Petra Stolba zwar die ÖW nicht neu erfunden, aber konsequent umgestaltet hat. Jetzt geht es, so Petra Stolba im Interview mit T.A.I., vor allem um die Fortsetzung der bereits erfolgten Weichen­stellung, weg von der klassischen Werbeorganisation (Fokus: Kommunikation) hin zur Produkt-­Innovation (Fokus: Content-­Marketing). Das zu exekutieren wird Aufgabe von Lisa Weddig, die im Juni 2021 Petra Stolba als ÖW-­Geschäftsführerin nachfolgen wird.

„Die ÖW wird noch mehr zur Innovationsplattform für den Österreich-­Tourismus“, umreißt Petra Stolba die Aufgabenstellung, die in der Strategie „ÖW 2025“ festgeschrieben wurde und die sich bereits in der Umsetzung befindet. Wobei sich die ÖW-Chefin bewusst ist, dass zur Bewältigung dieser Aufgaben eine Bündelung der Kräfte nötig sein wird: „Es braucht eine gesamtösterreichische Initiative“, also das Mitziehen der neun LTOs (Landestourismus-Organisationen) sowie der Destinationen.

All dies geschieht in einem Umfeld, in dem die ÖW schon seit langem zur Quadratur ihrer finanziellen Mittel gezwungen ist. Seit 1996, so Petra Stolba, gab es keine Valori­sierung des Budgets mehr. Dieses beläuft sich seit dem Millennium (damals erfolgte der Ausstieg der neun Bundesländer aus dem Verein ÖW) auf 32 Mio. Euro (75 % Bund, 25 % WKO), die durch Kooperationen mit Leistungsträgern um 18 Mio. Euro (vor Corona) auf rund 50 Mio. Euro aufgebessert wurden (je ein starkes Drittel LTOs und Destinationen, Rest Betriebe). Zum Vergleich: Der Schweiz Tourismus wird jährlich mit doppelt soviel dotiert (111,6 Mio. Franken, rund 100 Mio. Euro). Ohne Budgeterhöhung konnte Petra Stolba dem Kostendruck nur striktes Ausgabenmanagement entgegensetzen. So wurden die 2006 noch 60 bearbeiteten Märkte auf 30 halbiert, die von 21 ÖW-­Büros weltweit betreut werden. Ohne dem im Vorjahr rund um Corona ausgehandelten Sonderbudget von 40 Mio. Euro (aufgeteilt auf drei Jahre bis 2022) wäre es zuletzt eng geworden.

Mit den Sondermitteln konnten für Österreichs Tourismus lebenswichtige Highlights gesetzt werden, wie z. B. die atb.virtual 2020, mit der – so die T.A.I.-Beobachtung– weltweit Maßstäbe gesetzt wurden, und die kommende Woche mit der atb.virtual 2021 nochmals übertroffen werden dürfte. Dass das Sonderbudget für österreichische Verhältnisse unüblich hoch dotiert wurde, war nach Ansicht von Petra Stolba nicht zuletzt dem Umstand zu verdanken, „dass man gerade in Zeiten wie diesen sieht, wie wichtig der Tourismus für Österreich ist und wie viele Branchen von ihm abhängig sind“.

Welche Themen werden nach Ansicht von Petra Stolba („Ich sehe immer nur die Zukunft“) die kommenden Jahre prägen? Es sind ihr zufolge vier wesentliche Treiber:

Digitalisierung: Hier geht es nicht nur um Buchbarkeit, sondern um Datenmanagement. „Wir müssen das Thema übergreifend denken, die touristische Wertschöpfungskette digitaler erfassen.“ So seien, wie Studien zeigen, bei nur einer Woche Aufenthalt bereits 43 verschiedene Leistungsträger mit eingebunden. Stolba: „Wir müssen u. a. Startups einladen, um komplett neue touristische Produkte zu entwickeln.“ Als Beispiel nennt sie den Bereich der CO2-freien Anreise.

Green Tourism: Hier geht es vor allem um mehr Nachhaltigkeit. „Die von der EU für 2050 festgelegten Ziele werden für eine gewaltige Veränderung sorgen.“ Die betrifft auch neue Steuermodelle. Stolba: „Die Branche muss sich neu aufstellen. Es geht nicht darum, das Alte neu hochzufahren.“

Kulturelle Integration: Gemeint ist die Notwendigkeit für den Tourismus, sich mit der einheimischen Bevölkerung zu vernetzen. Stichwort: Leben mit und nicht von der Region.

Systemische Treiber: Hier geht es um die Wertschöpfungsketten, in die der Tourismus eingebunden ist. Stolba: „Der Tourismus muss sich als Teil eines gesamten Lebensraumes einer Region verstehen.“

Das „Zurück zum ‚alten Normal‘“ stehe damit nicht mehr zur Diskussion, „es geht um ein ‚neues Normal‘, um das Erreichen der nächsten Entwicklungsstufe im Tourismus.“ Der Lebensstil werde sich ebenso ändern wie die Mobilität vor Ort: „Es geht um die Summe von Allem und darum, den individuellen Lebensstil mit dem Reisen in Einklang zu bringen.“

Wo wird Petra Stolba in ihrer Post-ÖW-Ära diesbezüglich die beruflichen Hebel ansetzen? Die Antwort folgt postwendend: „Es geht ums Gestalten, um die Felder der Zukunft. Das sind Nachhaltigkeit, Mobilität, Energie und Transformation.“ T.A.I. wird darüber berichten.

Stimmen der ÖW-MitarbeiterInnen zum Abschied

  • „Petra Stolba hat uns immer angetrieben in die Zukunft zu denken. Die Innovationskraft der ÖW hat sich während ihrer Geschäftsführung vervielfacht und das interne Mindset dazu hat sich völlig geändert.“
  • „Es ging beispielsweise nicht mehr nur um statistische Daten, sondern um ein Forschen in Richtung Zukunft. Nicht abbilden, sondern antizipieren. Und den Tourismus als System verstehen und nicht als eine Summe von Einzelteilen.“
  • „Petra Stolba zeichnet sich durch einen unbändigen Gestaltungswillen aus: 15 Jahre ÖW vom permanenten Wollen getragen, um Sachen anders und besser zu machen.“

Kurzportrait Mag. Mag. Dr. Petra Stolba

Die begeisterte Reiterin Petra Stolba absolvierte zwei Studien (Publizistik- und Politikwissenschaft sowie Betriebswirtschaft) und startete ihre Karriere als Abteilungsleiterin Gruppenreisen bei Volksbank Reisen, einer Tochter der Verkehrsbüro Group. Später wurde Stolba Geschäftsführerin im Austrian Convention Bureau (ACB), gefolgt von der Niederösterreich Werbung (Bereichsleiterin Marketing, EDV und strategische Planung), bis sie schließlich im Wirtschaftsministerium die Leitung der Abteilung Grundsatzpolitik für Tourismus- und Freizeitwirtschaft übernahm. Im Frühjahr 2004 wurde Petra Stolba Geschäftsführerin der Bundessparte Tourismus in der WKÖ, seit November 2006 stand sie an der Spitze der ÖW.

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Erstellt am: 14. Mai 2021

Foto: © ÖW/Lendl

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