ANA
T.A.I.-Interview

Neo-Ökologie und Nachhaltigkeit, Megatrends und Zukunftsthemen

Print-Ausgabe 1. Juli 2016

Marco Pointner, seit 2015 Tourismusdirektor der Saalfelden Leogang Touristik, im Gespräch über Inszenierung von Naturlandschaften, Positionierung und Brexit

T.A.I.: Aufgrund der politischen Situation in vielen klassischen Sommerurlaubszielen gehen viele Prognosen von einem starken Österreich-Sommer aus. Ist diese Entwicklung für Sie spürbar?

Marco Pointner: „Die Auswirkungen sind spürbar – sowohl positiv wie negativ. Die Entwicklungen kommen grundsätzlich ‚Urlaub in Österreich‘ und somit auch uns entgegen und werden voraussichtlich einen positiven Einfluss auf die Nächtigungszahlen im Sommer haben. Betrachtet man jedoch speziell den britischen Markt, so wird der Brexit für Österreich vermutlich negative Auswirkungen haben. Die Aufwärtsentwicklung des UK-Marktes wird einen Dämpfer bekommen. Der Brexit hat auch auf unsere strategischen Überlegungen Einfluss, da wir überlegt haben die Arbeit am UK-Markt zu intensivieren. Was wir nun wohl doch nicht in Angriff nehmen.“

T.A.I.: Auf welchen Märkten sind Sie besonders aktiv?

Pointner: Im Sommer werben wir vor allem in Deutschland, Österreich und den Benelux-Staaten. Akzente setzen wir weiters in Tschechien und der Schweiz. Zukunftspotentzial haben wir bis zum Brexit in UK und Skandinavien gesehen, da unsere Produkte  dort im Sommer wie Winter gut punkten. Wie sich die Situation nun entwickelt, werden wir in den nächsten Wochen und Monaten genau betrachten.“

"Zu viele DMO’s versuchen für jeden Gast alles anzubieten"

T.A.I.: Welche Erwartungen haben Sie für das Sommergeschäft?

Pointner: „Der Juni ist aufgrund der nicht vorhandenen Feiertage, sowie der ungünstigen Wetterlage eine Herausforderung. Wir haben daher bewusst einen Veranstaltungsschwerpunkt gesetzt. Wir betrachten aber Mai und Juni gemeinsam und hier gehen wir von einem guten Ergebnis aus. Der Sommer entwickelt sich die letzten Jahre schon sehr positiv. Wir sind auch für 2016 optimistisch und gehen von einer weiteren, leichten Aufwärtsentwicklung aus.“

T.A.I.: Sie haben mit 1. Oktober 2015 übernommen. Wie fällt Ihre bisherige Bilanz aus?

Pointner: „Die Bilanz ist äußerst positiv. Wir haben bereits eine tolle Ausgangslage vorgefunden. Nichtsdestotrotz wurde eine umfassende Bestandsanalyse durchgeführt und gemeinsam mit dem Aufsichtsrat ein strategischer Rahmen für die nächsten Jahre festgelegt. Von Beginn an haben wir versucht an der Qualität zu drehen und uns zu fokussieren. Zu viele DMO’s (Destinationsmanagement-Organisationen - Anm. d.Red) versuchen für jeden Gast alles anzubieten. Wir möchten uns ganz klar fokussieren und zielgerichtet arbeiten. Unsere Mittel dort einsetzen, wo sie wirken!“

T.A.I.: Wie sehen die künftigen Schwerpunkte aus?

Pointner: „Es wird gerade an einem Online-Konzept gearbeitet mit neuer Website inklusive Content Strategie und der Definition von Personas. Die Produktentwicklung wird von großer Bedeutung sein, denn: Produkt ist Marketing. Hier arbeiten wir im Winter an den Kompetenzen Ski und Nordisch, im Sommer mit dem Thema Bike und Wandern – abgerundet durch kulturelle Themen. Weiters wollen wir Akzente im Bereich der Neo-Ökologie und Nachhaltigkeit setzen. Über allem soll zudem das Qualitätsthema stehen.“

T.A.I.: Früher war die Natur die Attraktion, heute braucht es viel Technologie im Marketing – von Apps über Live-Streams bis hin zu Social Media. Auch in der Region selbst muss das Urlaubserlebnis stets medial vermittelbar sein, Was davon braucht es wirklich, und warum eigentlich?  

Pointner: „Eine sehr komplexe Frage. Wir sind der Meinung, dass wir aufpassen müssen, unsere Natur nicht zu sehr zu inszenieren. Die Menschen möchten immer öfter vom Alltag flüchten, um zu sich zu kommen. Darum haben wir in Saalfelden Leogang u.a. definiert unsere Berge mit Bergbahnen bewusst und qualitativ hochwertig zu inszenieren und die Steinberge natürlich zu belassen und äußerst behutsam, nachhaltig zu entwickeln.
Generell bin ich der Meinung, dass wir nicht alles inszenieren und mit Superlativen versehen müssen. Die Gäste kommen vorwiegend wegen unserer Natur und im Winter wegen unserer Skigebiete zu uns. Langfristig sind wir hier mit unserer Positionierung auf dem richtigen Weg. Wir setzen bereits jetzt bewusst Maßnahmen im Bereich der Neo-Ökologie und Nachhaltigkeit – einem gesellschaftlichen Megatrend! Weiters möchte ich, dass wir aufhören, in Sommer- und Wintersaisonen zu denken. Wir sollten die Region 365 Tage denken."

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