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BÖTM - Bund Österreichischer Tourismusmanager

DMOs brechen die Budgets weg: „Brauchen jetzt jede Unterstützung“

Print-Ausgabe 22. Jänner 2021

„Nach diesem Winter braucht es ein Gegensteuern, um weiter stark sein zu können“, so Mathias Schattleitner

Ohne Schulterschluss zwischen Bund und Ländern wird die dringend benötigte Hilfe aber nicht funktionieren – laut BÖTM-Präsident Schattleitner geht es ums Eingemachte

Derzeit herrschen in Österreichs Feriendestinationen – durch die TV-Wetterpanoramen für jedermann/-frau sichtbar – überall perfekte Winterbedingungen. Was für viele nicht erkennbar ist, betrifft die finanzielle Situation der DMOs (Destinations Management Organisation): Deren Einnahmen sind zum überwiegenden Teil von Nächtigungsabgaben bzw. Orts­taxen (diese sind je nach Bundesland unterschiedlich organisiert) abhängig. Diesbezüglich herrscht seit dem 2. Lockdown im November ziemliche Ebbe und der nunmehrige Lockdown sowie die Reiseverbote der wichtigsten Quellmärkte nach Österreich verschärfen die Lage zusätzlich. 

„Der laufende Winter ist bei den Einnahmen der Nächtigungsabgabe bis dato ein Komplettausfall“, betonte MathiasSchattleitner, Geschäftsführer der Tourismus­region Schladming-Dachstein und seit Herbst 2020 neuer Präsident des BÖTM (Bund Österreichischer Tourismusmanager), im Gespräch mit T.A.I. Üblicherweise werden – so aktuelle Hochrechnungen des BÖTM-Präsidiums – während der Wintermonate ca. 150 Mio. Euro an Nächtigungs-Abgaben lukriert. Der Winter 2019/2020 brachte im Zeitraum Dezember bis Mitte März sogar Rekordwerte. „Die fehlen heuer komplett“, so Schattleitner. Die Einnahmen aus der Nächtigungsabgabe sind neben den Einnahmen aus den Tourismus-Inter­essentenbeiträgen die wichtigste Einnahmequelle für die Tourismusdestinationen. „Der Schaden ist massiv. Bei diesen großen Summen geht’s ans Eingemachte“.  

Dies bringt die für einen gelungenen Restart im Frühjahr 2021 notwendigen Aktivitäten gehörig ins Wanken: „Nach diesem Winter braucht es ein Gegensteuern. Wir wollen Dinge umsetzen, wir wollen stark sein. Aber wir können es nicht“, betont Schattleitner, der sich aufgrund der immer prekärer werdenden Situation derzeit zwei- bis dreimal pro Woche virtuell zur Präsidiums-Sitzung mit der BÖTM-Spitze trifft. Der gehören neben Schattleitners Vorgänger JosefSchirgi (TVB Serfaus-Fiss-Ladis) auch RenateEcker (Zell am See - Kaprun Tourismus), GeraldHartl (TVB S’Innviertel), ManuelBitschnau (Montafon Tourismus), StefanPassrugger (TVB Wagrain-Kleinarl), LisaLoferer (Kur- und Tourismusverband Bad Gastein), AndreasPurt (Mostviertel Tourismus) sowie Generalsekretär ChristianSchirlbauer an. 

Mathias Schattleitner: „Wenn die Mittel, die direkt von den Nächtigungen entstehen, so wie jetzt wegfallen, sind wir massiv betroffen. Dann ist Mitte März kein rasches Erwachen möglich. Wir müssen handeln!“ 

Denn längst geht es nicht mehr nur um Werbung, sondern um weit mehr, da sich die Rolle der DMOs in den zurückliegenden Jahren stark geändert hat. „Früher waren wir vor allem fürs Marketing verantwortlich, jetzt sind wir Destination Management Organisationen“, so Mathias Schattleitner. „Wir sind direkt am Gast und wir sind die Drehscheibe zu den Hotels, zu den Leistungsträgern, wie den Seilbahnen, zur Landwirtschaft und zu den Einheimischen.“ Der Aufgabenbereich einer DMO reicht somit von der Produktentwicklung, über digitale Agenden bis hin zum Vermieter-Coaching, um nur einige zu nennen. „Das gehört alles abgewickelt. Wir wollen stark bleiben und auch keine Mitarbeiter entlassen. Wir müssen den Schaden minimieren. Es geht um den Grunderhalt“, führt Schattleitner weiter aus. 

Derzeit dreht sich bei den Gesprächen im BÖTM-Präsidium alles darum, welche Möglichkeiten bestehen, um die finanziellen Abgänge zu kompensieren. Dies sei „keine leichte Aufgabe, da der Tourismus Landessache ist“, so Schattleitner. „Und wir wissen, dass derzeit alle Töpfe leer sind. Auch die Länder haben nicht die Budgets.“ 

Ihm und der BÖTM-Spitze schwebt deshalb als Lösung „eine Länder-übergreifende Strategie“ vor: „Wir brauchen einen Schulterschluss und das mit Geschwindigkeit. Wenn in einem Bundesland diesbezüglich nichts passieren sollte und in einem anderen viel, wäre das falsch!“ 

Österreichs Tourismus sei mit vielen professionellen MitarbeiterInnen gesegnet. „Doch wenn die Budgets fehlen, dann kann auch der beste Experte nichts ausrichten“, bringt es Mathias Schattleitner auf den Punkt. „Es ist ein Hilferuf. Da kommt etwas auf uns zu, was die wenigsten am Schirm haben.“ 

Es gelte, über Landesgrenzen hinweg und auch mithilfe des Bundes den finanziellen Entgang der DMOs aufzufangen, „um die kommenden Aufgaben zu bewältigen“, so Schattleitner. „Alle haben immer gehofft, ‚es wird schon irgendwie gehen‘. Jetzt ist klar: es geht nichts mehr! Wir brauchen jetzt jede Unterstützung.“ T.A.I. wird über die weitere Entwicklung laufend weiter berichten.  

Die Budgets der DMOs

Wie hoch die Budgets von Österreichs DMOs vor der Corona-Pandemie waren, darüber gibt es kaum Anhaltspunkte. Letztmals wurden sie 2010 in der Studie „Marketingbudgets im österreichischen Tourismus“ erfasst. Bereinigt um „interne Zahlungen zwischen den Organisationen“ standen damals auf Bundes- und Landesebene (ÖW und LTOs) rund 164 Mio. Euro zur Verfügung. Dazu kamen 122 Mio. Euro der DMOs (ohne Wien, das bei den LTOs enthalten ist), zusammen also 286 Mio. Euro.

Während sich die Budgets von LTOs und ÖW seither nicht nennenswert verändert haben (mit Ausnahme von Sonderbudgets), legten jene der DMOs aufgrund der Koppelung an die Nächtigungen (diese stiegen seit 2010 um 21,3%) deutlich zu. Alleine in Tirol kletterten die Budgets der 34 TVBs zwischen 2013 und 2019 überproportional um 41,5% auf 201,6 Mio. Euro (Quelle: T.A.I.-Aufzeichnungen basierend auf Jahresberichten der Tirol Werbung). Das Tiroler Nächtigungsplus in diesem Zeitraum lag bei 15,3%.

Wie die Zahlen 2020 aussahen und wie hoch sie 2021 sein werden, wird sich zeigen. Österreichweit sanken die Nächtigungen im Tourismusjahr 2019/2020 (Nov. bis Okt.) jedenfalls um -33,5%. Mehr als die Hälfte davon wurden im Zeitraum November bis Mitte März realisiert. 

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