ANA
T.A.I. an Bord der MS Hamburg

„Bestes Routing“ verpflichtet. Erfolgsrezept am Beispiel von Kuba

Print-Ausgabe 29. November 2019

Bei einer Kuba-Kreuzfahrt konnte T.A.I. die vielen Facetten der Insel genießen und einen Blick hinter die Kulissen des Plantours-Hochseeschiffes werfen

Den „Kreuzfahrt Guide Award 2019“ für das „beste Routing“ erhalten zu haben verpflichtet. Beim Kreuzfahrtspezialisten Plantours aus Bremen rund um Geschäftsführer Oliver Steuber ist man sich dessen bewusst, setzte sich doch das kleinste Kreuzfahrtschiff Deutschlands, die MS Hamburg (maximal 380 bis 390 Gäste, 172 Bestatzungsmitglieder), bei dieser Auszeichnung zum wiederholten Mal gegen deutlich größere Reedereien durch. Das Erfolgsrezept für die MS Hamburg liegt in „Kreuzfahrten mit Expeditions­charakter“ und „Routen jenseits der maritimen Rennstrecken“. Wie dies funktioniert, davon konnte sich T.A.I. vor kurzem auf Einladung von Plantours im Rahmen einer Reise rund um Kuba überzeugen.

Die größte Karibik-Insel leidet unter den jüngsten US-Sanktionen: Seit Juni dürfen keine Kreuzfahrtschiffe und Jachten mehr aus den USA die Zuckerinsel ansteuern. Der Tourismus verbucht dadurch deutliche Rückgänge. Doch trotz – oder vielleicht gerade wegen – dieser herben Einschnitte hat Kuba zu seinem unvergleichlichen Charme zurückgefunden: „Shabby Chic“, gepaart mit freundlichen und fröhlichen Menschen, überall Musik und Tanz, viel Mojito und eine für ihr 500 Jahr-Jubiläum oft nur potemkinsch herausgeputzte bunte Hauptstadt, deren Ami-Schlitten aus den 1950er-Jahren das Straßenbild prägen.

Mit dem E-Bike durch Havanna

Havannesisch, chaotisch, lustig – die ersten Eindrücke nach Ankunft am Aeropuerto Internacional José Martí in Havanna (Flug mit Condor über Frankfurt) lassen keinen Zweifel daran aufkommen, dass Kuba anders ist. Per Bustransfer (total okay, nette Reiseleitung, super organisiert) ging’s direkt in den Hafen der Villa de San Cristóbal de la Habana (so der offizielle Name der 2,1 Millionen Einwohner großen Hauptstadt), wo die MS Hamburg mit ihren insgesamt 197 Kabinen und 6 Decks vor Anker lag.

Für Kreuzfahrt-Profis wichtig: Rasches Check-In in dem nahe an der Altstadt gelegenen historischen, top renovierten Terminal Sierra Maestra (Empfehlung: dort gleich Geld wechseln; 1 CUC/Kubanischer konvertibler Peso = 0,908 Euro), dann ist man schon im Schiff, Gepäck direkt in die Kabine geliefert – los geht’s!

Zum „Besten Routing“ gehören selbstredend auch gut getimte Liegezeiten. Und so lief die MS Hamburg nicht gleich aus, sondern blieb noch über Nacht und den ganz nächsten Tag in Havanna. Die Altstadt ist aufgrund ihrer Nähe nach wenigen Schritten erreicht; sofort taucht man ein in das bunte Treiben, mit Musikant­Innen an jeder Ecke.

Besonders reizvoll ist es, Havanna mittels E-Bike zu erkunden: Mit den eigens von Jens Schöne, einem Einwanderer aus Deutschland, kreierten und in ihrer Chopper-Form an Harley Davidson erinnernden „Cubykes“ (www.cubyke.com) geht’s durch enge Gassen, vorbei an Capitol und Oper, mit Zwischenstopps, um obligatorische Mojitos zu genießen – ein wirklich einzigartiges Erlebnis mit Kultur, Geschichte, Salsa und Zigarren, begleitet von permanentem, lautem Hupen der farbenprächtigen Oldtimer (Hupen ist Teil der landesüblichen Konversation).

Hummelkolibri und Lobster

Perfekt inszeniert dann das Auslaufen der MS Hamburg – bei Sonnenuntergang, mit zuvor sehr gut organisiertem Security-Training (die Kompaktheit des Schiffes kann auch hier ihre Stärken ausspielen) und Kurs auf María la Gorda, dem im äußersten Westen Kubas auf der Halbinsel Guanahacabibes (UNESCO-Weltkulturerbe) gelegenen Paradies für Tauch- und Schnorchel-Fans. OrnithologInnen kommen ebenfalls voll auf ihre Rechnung (172 Vogelarten, darunter mit dem Hummelkolibri der kleinste Vogel der Welt) wie Sonnenanbeterinnen am palmenumsäumten Natursandstrand in der Bucht Bahía de Corrientes.

Dem „Bestes Routing“-Award gerecht wird die MS Hamburg auch bei ihrem nächsten Ziel der Kuba-Umrundung, Cayo Largo del Sur: Mit 25 km Länge und 3 km Breite handelt es sich um die zweitgrößte Insel des Archipiélago de los Canarreos, einer aus etwa 350 Inseln bestehenden Inselgruppe im Süden Kubas. 1494 soll Kolumbus hier auf seiner zweiten Reise Halt gemacht haben. Ob ihm ein musikalischer Empfang bereitet wurde, ist nicht überliefert. Die Gäste der MS Hamburg hingegen werden am Bootssteg durch eine Salsaband mit heißen Rhythmen willkommen geheißen und auch die Kulinarik kommt nicht zu kurz: Das Restaurant wartete mit Lobster und Meeresfrüchten auf. Auch hier: Kristallklares Wasser und mit Palmen gesäumte, weiße Sandstrände.

Zwischen Angola und Jamaica

Zurück am Festland war Cienfuegos die nächste Station. An der Bahía de Cienfuegos, einer Bucht an Kubas Südküste, gelegen, ist die 174.000 EinwohnerInnen große Stadt (Größenordnung zwischen Salzburg und Linz, sechstgrößte Stadt Kubas) bekannt für ihre Gebäude aus der Kolonialzeit. Wie in Havanna beherrschen auch hier die großteils verfallenen Häuser und Oldtimer in allen Farbschattierungen das Stadtbild.

Doch auch die Umgebung gibt einiges her, wie der Ausflug zu den El Nicho-Wasserfällen beweist. Nach einer zweistündigen Fahrt auf der Pritsche eines ausrangierten LKW, der bereits im Angola­krieg seine Dienste versah (Kuba intervenierte zwischen 1975 und 1991 auf Seiten der angolanischen Befreiungsfront in dem südwestafrikanischen Land), führte die kleine Wanderung – begleitet von Führerin Miriam von der Agentur „Gabiota“, die viel von Land und Leuten erzählte – durch einen Mangrovenwald bis zu einem der Wasserfälle, gleich einer Badewanne unter freiem Himmel.

Welch ein Kontrast dazu der am nächsten Tag im Zuge der Kuba-­Umrundung von der MS Hamburg vorgesehene Kurzbesuch in Jamaicas Montego Bay: An jeder Ecke wird einem hier Marihuana angeboten, die Straßen sind von Touristenläden gesäumt, das Lokal am Hauptplatz gleicht einem Rummelplatz. Ankommende Ausflugschiffe mit zu ohrenbetäubender Musik tanzenden TouristInnen werden direkt in das Lokal geschleust und mit Rumgetränken versorgt.

Castros Grab und ein Glas Bier

Zurück an Bord begeisterte die Schiffscrew die Gäste mit einem Karibischen Abend auf Deck 6, direkt am Pool, zu karibischen Klängen einer Reggae-Band. Die MS Hamburg hatte währenddessen bereits ihren Anker gelichtet und kreuzte Richtung Santiago de Cuba, der mit etwas mehr als einer halben Million EinwohnerInnen zweitgrößten Stadt Kubas nach Havanna, aber immer ein wenig in deren Schatten stehend. Dieser Eindruck änderte sich bei der Plantours-Reise aber schnell: In Rad-Taxis ging’s quer durch die Stadt, die 2015 ihren 500. Geburtstag feierte, vorbei an Bierfabriken zu Fidel Castros Grabmal – der in beeindruckender Exaktheit erfolgenden Wachablöse beizuwohnen ist ein Muss – und auf ein Glas Bier in ein typisches Einheimischen-Lokal, mit Musik und fröhlichen Gesichtern.

Das Erkunden der Altstadt auf eigene Faust bietet zusätzliche Reize: Ein unscheinbares Lokal, mit großen offenen Fenstern und alten Holzbalken an der Decke, entpuppt sich erst nach dem Eintreten als wohl berühmtestes Lokal Santiagos. Es handelt sich um die „Casa de la Trova“, die Wiege des „Buena Vista Social Clubs“, jener einzigartigen Institution, in der Einheimische an den Nachmittagen zusammenkommen, um zu singen und zu tanzen.

Es war gleichzeitig das Finale der Kuba-Umrundung mit der MS Hamburg, die kurz vor Sonnenuntergang nach Port St. Antonio in Jamaica startete und von dort weiter Kurs Richtung Dominikanische Republik nahm. Diese Route entlang der Küste Kubas wird es bei Plantours voraussichtlich erst wieder im Oktober 2020 geben – dann erstrahlt die MS Hamburg längst in neuem Glanz: Sie wird ab März 2020 umfangreich renoviert; an einigen Decks werden Kabinen-Fenster bis zum Boden vergrößert, alle erhalten neue Badezimmer und die öffentlichen Bereiche neue Möbel. Im August 2020 startet die MS Hamburg dann – „nomen est omen“ – von Hamburg aus auf eine 284 Tage dauernde Weltreise über fünf Kontinente. „Bestes Routing“ inklusive.

MS Hamburg als TV-Star

Ein Highlight der Plantours-Reise war der Besuch auf der Brücke und des Küchenbereiches im Bauch des Schiffes. Hoteldirektor José Manuel Bras höchstpersönlich führte durch alle Bereiche, inkl. Proviant- und Kühlräume (6.300 Eier Verbrauch pro Woche). Der Müll wird selbstredend streng getrennt. Beeindruckend auch die Internationalität: Die 172 Crewmitglieder repräsentieren 21 verschiedene Nationalitäten. Herzlich auch der Besuch auf der Brücke bei Kapitän Vladimir Vorobyov und Kreuzfahrtendirektorin Marina Bergmüller.

Das kleinstes Kreuzfahrtschiff auf dem deutschen Markt ist auch für Expeditionsfahrten geeignet, wie etwa auf die Großen Seen in Nordamerika. Die Ausmaße sind an die dort erforderlichen, örtlichen Begebenheiten angepasst – innenliegende Tenderboote, keine Balkone. Die im Zuge der bevorstehenden Renovierung kommenden französischen Fenster werden dieses vermeintliche Manko mehr als ausgleichen.

Laut José Manuel Bras sind 60 Prozent der Gäste „Repeater“ – die speziellen Routen, das hervorragende Essen und die kompakte Schiffsgröße verfehlen also nicht ihre Wirkung. Sie waren auch ausschlaggebend dafür, dass ARD die MS Hamburg für Dreharbeiten von 50 Folgen der Sendung „Verrückt nach Meer“ ausgewählt hat, mit Great Lakes, Antarktis, Chilenischen Fjorden u.v.m. 500 Folgen sollen es insgesamt werden. 

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