ANA
Standpunkt

Reiseempfehlung für PolitikerInnen

Print-Ausgabe 12. Juli 2019

Die Balearen scheinen einen besonderen Einfluss auf Österreichs Politik zu haben. Sorgte 1983 das „Mallorca-Paket“ des damaligen Bundeskanzlers Bruno Kreisky für das Ende der absoluten SPÖ-Mehrheit – das in Kreiskys Sommerhaus ausgeheckte Belastungsprogramm reichte von der Mehrwertsteuer-Erhöhung über die Einführung der KFZ-Steuer bis hin zur Sparbüchersteuer – so brachte das „Ibiza-Video“ heuer im Mai nicht nur den Vizekanzler und FPÖ-Chef zu Fall, sondern auch die Bundesregierung von Sebastian Kurz.

Die dritte große Balearen-Insel, Menorca, ist diesbezüglich noch unbelastet. Kein Wunder, geht es dort traditionell beschaulicher zu als auf den beiden Schwestern. Belastungspakete oder Videos mit politischer Sprengkraft für Österreich sind von dort nicht zu befürchten. Schon ihre Namensgebung deutet darauf hin: Menorca bedeutet so viel wie „die Kleinere“ und zwar im Gegensatz zu Mallorca, „die Größere“. Im innenpolitischen Vergleich könnte sie für die aktuelle BeamtInnen-Regierung stehen – für die Ruhe und Überlegtheit, mit der das unter Führung von Brigitte Bierlein stehende Team seit seiner Angelobung agiert. Trotzdem ist sie gegenüber heiklen Themen, wie dem in der Touristik höchstbrisanten Margensteuer-Thema, aufgeschlossen: Hier zeichnet sich Insidern zufolge eine zeitnahe Lösung ab, um den bisherigen Stichtag 1. Mai 2020 an jenen von Deutschland, den 1. Jänner 2022, anzugleichen.

Anders der Nationalrat. Der agiert zwar um einiges besonnener als nach der anfänglichen Aufgeregtheit zu befürchten war – vieles wird abgearbeitet, was zuvor blockiert sowie aus parteipolitischen Gründen nicht möglich war – aber bei weitem nicht alles scheint wirklich durchdacht. Ist die WGG-Novelle, die die touristische Kurzzeitvermietung von gemeinnützigem Wohnraum untersagt, zu begrüßen, wird das generelle Rauchverbot in der Gastronomie etwas kontroverser gesehen – nicht nur in Form heftiger Reaktionen der FPÖ, sondern auch von den betroffenen WirtInnen, die in den letzten eineinhalb Jahren beträchtliche Investitionen im Sinne des Nichtraucherschutzes vorgenommen haben. Ganz schlimm ist es mit dem „Lex-Uber“ (siehe auch Kommentar „Durchgeblickt“ in dieser T.A.I.), wie die Zusammenlegung von Mietwagen- und Taxigewerbe genannt wird. Der US-Fahrdienstanbieter schließt nun einen Komplettrückzug aus Österreich nicht mehr aus.

Jetzt herrscht erst einmal Sommerpause. Die nächste Plenarsitzung ist erst für den 25. September angesetzt – vier Tage vor den Nationalratswahlen. Bis dahin wird nicht nur wahlgekämpft, sondern auch Urlaub gemacht. Dem Vernehmen nach stehen die Balearen heuer nicht an der Spitze der Reisewunschlisten unserer PolitikerInnen. Vielleicht täte ihnen aber gerade das gut. Die Unterschiede zwischen Mallorca, Ibiza und Menorca persönlich kennenzulernen, empfiehlt

Lupo

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