Standpunkt

Nix ist fix

Print-Ausgabe 11. September 2020

Alles ist möglich, nix ist fix. Vier Jahre vor Österreichs EU-Beitritt erschien die Erfolgs-LP von Austro-Popper Reinhard Fendrich mit diesem Titel. Nix ist fix. Auch nicht der von Österreichs Bundesregierung vor einem Monat angekündigte, erweiterte Fixkosten-Zuschuss, kurz FKZ II. Auf den hatte allen voran die Tourismus- und Reisebranche seit unzähligen, bangen Wochen gewartet. Jetzt ist der da.

Oder doch nicht? Wie Finanzminister Gernot Blümel bereits Anfang August betonte, muss die EU-Kommission noch ihr Okay geben. Der Grund: es handelt sich beim FKZ um eine staatliche Beihilfe. Hinterfragt von der EU-Kommission werden deshalb Höhe und Zeitraum der Zuschüsse. Sie verlangt darüber hinaus auch Argumente, weshalb ohne diese Beihilfe eine wirtschaftliche Katastrophe drohe.

Sorry. So funktioniert nun mal die EU. Alle Mitgliedstaaten hatten und haben ihre Corona-Hilfen derartigen Überprüfungen zu unterziehen. Die jetzt medial intensiv dargestellte, hierzulande vorherrschende Verwunderung über die Haltung der EU-Kommission mutet deshalb eigenartig an. Schon für den FKZ I heuer im Frühjahr musste die EU-Kommission überzeugt werden. Erst Ende Mai gab sie, nach intensiven Gesprächen, ihr Placet.

Der FKZ II wurde gegenüber dem FKZ I nochmals deutlich erweitert. Anstatt 75 % der Fixkosten können nun für besonders hart getroffene Branchen 100 % durch Zuschüsse ersetzt werden. Auch die Definition, was als Fixkosten zu sehen ist, wurde ausgedehnt. Etwa um „Personalaufwendungen, die ausschließlich für die Bearbeitung von krisenbedingten Stornierungen und Umbuchungen anfallen“, was vor allem für Reisebüros und Reiseveranstalter wichtig ist, genauso wie die für sie entscheidende Anerkennung der „endgültig frustrierten Aufwendungen“.

Höhe und Zeitraum der Zuschüsse gegenüber der EU-Kommission zu begründen, liegt an der Politik. Die Argumente, weshalb ohne diese Beihilfe eine wirtschaftliche Katastrophe droht, lieferten jetzt die betroffenen UnternehmensvertreterInnen: „Wir befinden uns aktuell in der größten wirtschaftlichen Notlage seit der Nachkriegszeit“, beschreibt Hoteliers-Präsidentin Michaela Reitterer die Situation. Österreichs Hotellerie sehe sich mit einer Halbierung der Nachfrage und einem Umsatzminus in Höhe von 44 % konfrontiert. In der Stadthotellerie sind die Zahlen noch dramatischer.

Ebenso bei den Reisebüros. Und da geht’s nicht nur ums Outgoing, sondern auch um das Incoming. „Mit jeder Verzögerung des Fixkostenzuschusses drohen Insolvenzen und Jobverluste“, so der Obmann des Reisebüro-Fachverbandes Gregor Kadanka. Die Branche sieht sich mit einem Umsatzrückgang von rund 80% konfrontiert und der Incoming- und Kongress-Tourismus liegen vollkommen darnieder.

Jetzt ist die EU-Kommission am Zug. Sie wird prüfen, ob die geplanten Fixkosten-Zuschüsse da und dort gegen geltendes EU-Beihilfenrecht verstoßen. Damit ist alles möglich und nix fix. Bleibt zu hoffen, dass die Bundesregierung diesmal wirklich gut gearbeitet hat und der FK II am Ende so wie vorgesehen auch genehmigt wird. Je eher, desto besser, hofft bei weitem nicht alleine der

Lupo

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