ANA
Standpunkt

Im Schwitzkasten

Print-Ausgabe 8. September 2017

Sie ist – seit jenem unglückseligen Tag im März 2015 – das große rote Tuch für Österreichs Hotellerie: die damals wider aller zuvor abgegebenen Versprechungen beschlossene Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Logis. Die massive Kritik wurde seinerzeit nonchalant weggewischt: Man werde „im Tourismus die 3 Prozentpunkte mehr angesichts der guten Nächtigungs-Entwicklung schon hineinbringen können“, meinte der damalige Vizekanzler und Wirtschaftsminister Mitterlehner.

Heute steht fest: Man konnte nicht. Laut WIFO fehlt im aktuellen Sommer auf die realen Einnahmen im Tourismus pro Nächtigung 1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Jetzt stehen die Chancen gut, dass die wiederholt geforderte Rückführung der Logis-Mehrwertsteuer auf 10 Prozent nach den Wahlen tatsächlich zustande kommt. Die Erhöhung war, wie VP-Chef Sebastian Kurz vor wenigen Tagen eingestand, „aus unserer Sicht ein Fehler.“

Nicht nur das: sie war, das sei zur Erinnerung festgehalten, jenes Tauschgeschäft, mit dem sich die ÖVP im Zuge der Steuerreform auf dem Rücken der Hotellerie den Verzicht der SPÖ auf die Erbschaftsteuer erkaufte. Kurz hatte damals im Ministerrat ebenso seinen Sanctus dazu gegeben, wie der damalige Staatsekretär und heutige Wirtschaftsminister Mahrer. Die ablehnende Reaktion von SP-Chef Kern („Man kann nicht einfach ein Element davon herausziehen“, gemeint ist die Gegenfinanzierung) auf den Kurz-Vorstoß ist aus diesem Grund nicht ganz unverständlich.

Die weitere Argumentationslinie des Kanzlers ist es umso mehr. Die Kern-Aussage „Wenn man sich die heurigen Tourismuszahlen anschaut, so verzeichnen wir Rekordnächtigungen. Zu groß kann der negative Einfluss wegen der Mehrwertsteuer wohl nicht gewesen sein” zeugt nicht gerade von ausgeprägtem Verständnis für wirtschaftliche Belange. Von einem früheren Verbund-Vorstand und ÖBB-Chef hätte man mehr erwartet.

In Grenzen halten sollte sich trotz allem vorerst auch die Euphorie über den Kurz-Vorstoß. Die Zurücknahme der Mehrwertsteuer-Erhöhung auf Logis ist erstens noch nicht fix, sie hängt vom Ausgang der Wahlen sowie der nachfolgenden Regierungsbildung ab; und zweitens ist sie nur einer von den unzähligen Bürden, die dem Tourismus in den zurückliegenden Jahren aufgehalst wurden, die ihm erwiesener Maßen – und entgegen allem Nächtigungs-Jubel – viel an Substanz und Wettbewerbsfähigkeit kosten.

Es ist, als würde man jemanden extrem in den Schwitzkasten nehmen, um nach geraumer Zeit wieder ein wenig zu lockern und dafür von dem erschöpft nach Luft Ringenden für diese „gute Tat“ Applaus und Dankbarkeit erwarten. Im Schwitzkasten bleibt er trotzdem, gibt zu bedenken der

Lupo

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