Interview Christian Rank

Wiener Charme statt Airbnb! Persönlicher Kontakt im Vordergrund

Print-Ausgabe 5. Mai 2017

Wiens Appartement-Anbieter wollen mit einem eigenen Portal sowie einer eigenen Interessensvertretung faire Rahmenbedingungen für alle etablieren

Was airbnb seit 2008 im Bereich der Sharing Economy mit all ihren rechtlichen Graubereichen offeriert, das bietet das österreichische Portal apartment.at innerhalb des Rechtsbogens seit mehr als 20 Jahren, wenn es um Ferienwohnungen und Apartments in Wien geht. Von Erwin Kaminek als Buchungsplattform für die Interessensgemeinschaft der Wiener Ferienwohnungsvermieter „Apartment Service Vienna“ gegründet, wurde apartment.at (vorerst nur auf Deutsch) vor drei Jahren von den Appartementbetreibern, dem Ehepaar Stephanie und Christian Rank übernommen. Rank war von Anfang an in diesem Netzwerk mit dabei, hat 2015 die WAVV (Wiener Apartmentvermieter Vereinigung) initiiert und arbeitet nun kontinuierlich an Verbesserungen und Neuerungen. T.A.I. traf Christian Rank zu einem Gespräch.

T.A.I.: Wie kam es zur Übernahme von apartment.at?

Christian Rank: „Ich bin sehr früh in diese Thematik reingewachsen. Meine Eltern haben die Appartements Ferchergasse geleitet, da habe ich von Anfang an mitgeholfen. Mit den ehemaligen Betreibern von apartment.at, der Familie Kaminek, waren wir schon länger freundschaftlich verbunden. Nach deren Pensionierung haben Stephanie und ich die Plattform übernommen. Es ist ein hochspannendes Projekt mit enorm viel Potential.“

T.A.I.: Diesbezüglich gibt es den Global-Player airbnb. Wodurch unterscheidet sich apartment.at von airbnb bzw. welche Vorteile haben Kunden Ihrer Meinung nach bei apartment.at?

Rank: „Wir sind ein Wiener Unternehmen und kein amerikanischer Großkonzern. Bei apartment.at haben Gäste den persönlichen Kontakt zu echten Wien-Spezialisten. Die Plattform ist in Wien super vernetzt, das bringt viele Vorteile für den Gast. Bei airbnb hat er das anonyme Callcenter ...“

T.A.I.: Kann apartment.at bezüglich Innovation mit einem Global-Player überhaupt mithalten?

Rank: „Wir entwickeln uns und die Plattform ständig weiter und lassen viele neue Ideen einfließen. Letztendlich wollen wir unser Wien-Wissen teilen und allen Gästen die Wiener Gastfreundschaft anbieten und sie mit Geheimtipps versorgen.“

T.A.I.: Können Sie das etwas näher erläutern?

Rank: „Sie finden auf apartment.at einen speziellen Blog von Wien-Liebhabern für Gäste. Keine Reiseführer-Informationen, sondern richtige Geheimtipps für einen Aufenthalt bei uns in Wien. Außerdem eine Suchfunktion mit Detailsuche, um jedem Interessenten tatsächlich seine ideale Ferienwohnung bieten zu können. Darüber hinaus stellen wir regelmäßig Kooperationspartner vor wie zum Beispiel ‚ich mach es anders‘ oder ‚imgrätzl.at‘. Weiters findet man immer wieder Gutscheine zum Download. Für Gastgeber bieten wir Kooperationen mit anderen Buchungsplattformen wie travanto, Channelmanager-Anbindungen und seit kurzem auch eine direkte Buchbarkeit. Für 2017 ist außerdem ein Newsletter geplant.“

T.A.I.: Welche Kriterien muss ein Vermieter erfüllen, um auf apartment.at gelistet zu werden?

Rank: „Keine. Sie müssen ein Apartment vermieten (lacht). Nein, Sie sollen lediglich die wahre ‚Wiener Gastfreundschaft‘ leben.“

T.A.I.: Welchen Anteil haben Ferienwohnungen und Apartments am Tourismus in Wien?

Rank: „Das wird leider statistisch noch nicht offiziell erfasst, es gibt keine vernünftigen Daten. Unsere Erfahrung auf WAVV – der Wiener Apartmentvermieter Vereinigung – zeigt jedoch, dass die Nachfrage steigt.“

T.A.I.: Stichwort WAVV. Welche Umstände haben Sie zu dem Schritt bewogen, eine eigene Interessensvertretung zu gründen?

Rank: „Irgendwann sind wir als Plattform beim Versuch, die Interessen unserer Vermieter noch besser zu vertreten, an unsere Grenzen gestoßen. Deshalb haben wir im Sommer 2015 dann einen unabhängigen Verein gegründet.“

T.A.I.: Womit beschäftigt sich der WAVV und kann er bereits konkrete Erfolge vorweisen?

Rank: „Vorrangig geht es um den rechtlichen Rahmen, in dem wir uns als Gastgeber von Ferienwohnungen bei der Vermietung bewegen. So konnten wir Inputs rund um die Änderung im Wiener Tourismusförderungsgesetz liefern, seit Herbst 2016 gibt es eine offizielle Kooperation mit dem Bundesverband der Privatvermieter Österreich, mit dem wir zum Thema Gewerbeordnung ein gemeinsames Positionspapier ausgearbeitet haben. Ende November haben wir am runden Tisch der Wirtschaftskammer ‚Abgrenzung gewerbliche Beherbergung – Privatzimmervermietung‘ teilgenommen. Anfang April gab es ein gemeinsames Arbeitsmeeting mit den Privatvermietern und Urlaub am Bauernhof. Ziel ist es für alle Marktteilnehmer, private wie gewerbliche, faire Rahmenbedingungen zu etablieren.“ 

Die Kennzahlen des Wiener Ferienwohnungs-Marktes

Laut Nächtigungsstatistik 2016 des WienTourismus verbuchten die Ferienwohnungen und -Appartements in der Bundeshauptstadt knapp 145.000 Ankünfte und über 508.000 Nächtigungen, ein Anteil von 2,1 Prozent bzw. 3,4 Prozent am Gesamtaufkommen.

Laut WKÖ bestehen in Wien 128 Gewerbeberechtigungen für Appartements und Ferienwohnungen ab 10 Betten. Nicht in diesen Zahlen erhalten sind jene Wohnungen, die auf Plattformen wie Airbnb zu finden sind. Schätzungen gehen diesbezüglich von rund 8.000 Wohnungen aus.

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