Slowenien

Fernreise in die Nachbarschaft. Damit will Slowenien 2021 punkten

Print-Ausgabe 18. Dezember 2020

„Wir verfolgen im Tourismus weiter den Kurs in Richtung Nachhaltigkeit“, berichtet Žana Marijan.


 

Die Nahdestination im Süden Österreichs setzt auf touristische Produkte, die „authentisch sind und lange in Erinnerung“ bleiben – dazu kommen Geheimtipps

Seit Februar 2020 steht Žana Marijan an der Spitze der slowenischen Tourismusvertretung in Wien. Neu sind für sie weder der Quellmarkt Österreich noch die Aufgaben: zehn Jahre hindurch war sie zuvor im Team ihres Vorgängers, Jan Ciglenečki, tätig, wobei sie zuletzt für Public Relations und Werbung zuständig war. Den Start als Direktorin hätte sie sich mit Sicherheit anders vorgestellt: Eineinhalb Monate später kam es zum ersten Lockdown, zu Reisewarnungen & Co., die sich wie ein roter Faden durch die zurückliegenden Monate zogen. T.A.I. traf Žana Marijan zu einem Interview.

T.A.I.: Was kann eine Tourismusvertretung, wie jene Sloweniens, in so einer Zeit überhaupt tun, um die Reiselust für ihr Land zu wecken?

Marijan: „Obwohl ich schon seit fast 10 Jahren die Geschicke des slowenischen Tourismus in Österreich mitgestalte, stand ich vor einer völlig neuen, nie dagewesenen Situation. Im Frühjahr waren wir hauptsächlich damit beschäftigt, Bedenken zu zerstreuen und Ängste abzubauen. Erst danach kamen strategische Überlegungen: Neues ausprobieren, kreative Wege gehen – das ist es, worauf es jetzt ankommt. Um die Reiselust weiter zu wecken, haben wir vor allem digitale Medien eingesetzt und verstärkt emotionale Bildwelten im Rahmen unserer Kommunikationsstrategie verwendet. Außerdem ist es uns wichtig, den regelmäßigen Austausch mit unseren österreichischen Partnern zu pflegen und persönliche Beratung anzubieten.“

T.A.I.: Wie hat sich Slowenien im Corona-Sommer 2020 gehalten?

Marijan: „Die Sommersaison in Slowenien war tatsächlich gut. Wir hatten das große Glück, dass die slowenische Regierung Urlaubs-Gutscheine an die Bevölkerung ausgegeben hat (200 € für alle volljährigen StaatsbürgerInnen, die für Urlaub in Slowenien ausgegeben werden konnten). Das hat die Inlands-Nachfrage stark angekurbelt. Der österreichische Quellmarkt war zurückhaltender, was der Gesamtsituation geschuldet ist. Bei Reisen ins Ausland gab es in Österreich medial und politisch viel Irrita­tion. An unseren Anfragen merken wir aber, dass die Sehnsucht nach Slowenien weiterhin sehr groß ist.“

T.A.I.: Womit kann Ihr Land jetzt besonders punkten?

Marijan: „Wir verfolgen weiterhin unseren Kurs in Richtung Nachhaltigkeit im Tourismus. Für uns ist es unerlässlich, dass die Natur, die Traditionen und die Menschen im Vordergrund stehen. Das war schon vor Corona so und wird weiterhin so bleiben. Slowenien wird die „Europäische Gastronomieregion 2021” sein. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Übers Jahr verteilt wird dabei eine Fülle von gastronomischen Projekten umgesetzt. Sloweniens Küche gehört zu den besten der Welt, das bestätigte jüngst auch der ‚Guide Michelin‘. Auf engstem Raum finden sich renommierte Res­taurants und typische ‚Gostilnas‘, die in dieser Dichte und mit diesem hohen Qualitätsanspruch weltweit gesehen Seltenheitswert haben.“

T.A.I.: Welchen Stellenwert nimmt der organisierte Tourismus aus Österreich nach Slowenien ein?

Marijan: „Einen großen. Wir arbeiten viel mit Reisebüros in Österreich zusammen. Die Adria-Küste, die vielen Weingebiete und die Thermen mit ihren Heilquellen sind schon seit Jahren beliebte Reiseziele. Heuer haben wir viele Reiseanbieter in Österreich beraten, um auch neue Ziele innerhalb Sloweniens und besondere Aktivitäten mit einzubeziehen und neue Aspekte in den Vordergrund zu rücken.“

T.A.I.: Sie haben Kunstgeschichte studiert. Welche Kunstschätze hat Ihr Land dem interessierten Publikum zu bieten?

Marijan: „Das Spektrum reicht von der Urgeschichte über die Römerzeit, das Mittelalter und die Renaissance bis hin zur Secession und in die Gegenwart. Die Architektur eines Jože Plečnik oder eines Max Fabiani z.B. haben das Wien der Jahrhundertwende stark geprägt. Hier wird deutlich, wie sehr Sloweniens Vergangenheit eng mit der Geschichte Österreichs verbunden ist. Einzigartig sind die Pfahlbauten von Ig am Rande des Moors von Ljubljana, die zum UNESCO Welterbe gehören und einen wunderbaren Einblick in das prähistorische Europa bieten.
Entdeckungen jenseits des Mainstreams garantiert auch ein Besuch der kleinen historischen Städte. Abseits der ausgetretenen Pfade liegt auch das 2012 eröffnete Center Noordung, das die europäische Weltraumtechnologie dokumentiert. Das futuristische Gebäude ist einer Raumstation nachempfunden und gilt als architektonisches Kunstwerk. Und Ljubljana hat eine quirlige Kunstszene. Vor allem das Künstlerkollektiv ‚Neue Slowenische Kunst - NSK‘ zu dem u.a. die Band ‚Laibach‘ gehört, lässt mit seiner ‚Retroavantgarde‘ aufhorchen.“

T.A.I.: Eines Ihrer Ziele ist es, Slowenien verstärkt als Boutique- Destination mit 5-Sterne-Erlebnissen zu positionieren. Wie sind Sie bisher damit vorangekommen?

Marijan: „Ein hoher Qualitätsstandard ist uns besonders wichtig. Deshalb haben wir das Label ‚Unique Experiences‘ entwickelt. Dabei geht es darum, wirklich zu genießen. Gemeinsam mit lokalen Partnern wurden Produkte entwickelt, die garantiert authentisch sind und lange in Erinnerung bleiben – egal ob Kräuter sammeln im Savinja Tal oder eine Tour auf den Spuren der ersten Höhlenforscher, immer steht das Unverwechselbare und Echte im Mittelpunkt.“

T.A.I.: Welche Erwartungen haben Sie 2021 bezüglich des Aufkommens aus Österreich?

Marijan: „Wir sind optimistisch, dass die ÖsterreicherInnen Slowe­nien die Treue halten bzw. unser Land neu entdecken. Es ist ja wie eine Fernreise in die Nachbarschaft – so nah, aber trotzdem so aufregend neu. Es muss ja nicht unbedingt eine Bären-Pirsch in den Urwäldern von Kocevje sein, auch eine Blumenwanderung in der Gegend von Bohinj wird zum Erlebnis, wenn man sich darauf einlässt.“

T.A.I.: Haben Sie Geheimtipps, die Sie der Reisebranche besonders ans Herz legen?

Marijan: „Das Gute liegt so nah! Wir müssen nicht um die halbe Welt reisen, um Yoga zu praktizieren oder Ayurveda-Treatments auszuprobieren. Die Therme Lasko ist nur einen Katzensprung von uns entfernt und beschäftigt indische Therapeuten, die ihr Können an die Gäste weitergeben. Neuerdings lässt auch die in Slowenien stark verbreitete Api-Therapie aufhorchen: Tests haben ergeben, dass der Aufenthalt in den meist aus Holz gebauten Bienenhäusern ein Immun-Booster sein kann. Einerseits wird das Immunsystem gestärkt und andererseits Atemwegserkrankungen und Allergien vorgebeugt. Und eine Entdeckung – selbst für erfahrene Weinkenner – sind sicherlich auch unsere ‚Orange Wines‘: Bioweine, die im Glas funkeln wie Gold. Begonnen hat alles vor 25 Jahren in den Hügeln der Goriška Brda, heute führen international renommierte Weingüter wie Movia, Kabaj, Batič, Burja und Marjan Simčič diese Weine im Sortiment. Ein Weintasting bei einem dieser Stars gehört zu meinen ganz besonderen Empfehlungen.“ 

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