ANA
Agency Debit Memos (ADM)

Lufthansa Group: Ungleiches Spiel wird in Zukunft noch ungleicher

Print-Ausgabe 25. Jänner 2019

Es ist „ein – salopp formuliert – antiquierter Ansatz von Airlines, um zusätzlichen Ertrag (wenn auch auf niedrigem Niveau) zu generieren“ (Thomas Willingshofer, BCD Travel), „im Vergleich zu Direct Connect ein Orchideenthema“ (Thomas Kreillechner, Verkehrsbüro Business Travel) und „Symptom einer Marktdominanz eines Anbieters“ (Gregor Kadanka, Mondial): Mit diesen Worten reagieren Top-Vertriebspartner in Österreichs Business Travel-Szene auf die Ankündigung der Lufthansa-Group, per 1. Februar 2019 die Gebühren für Agency Debit Memos (ADM) zu erhöhen.

Zu einer kompletten Vereinheitlichung – ein Schritt, der für die Lufthansa-Group naheliegend gewesen und vom Vertrieb begrüßt worden wäre – kommt es indes nur teilweise:

  • während Lufthansa und Swiss ihre ADM-Gebühren von 10 auf 20 Euro anheben und Brussels von 15 auf ebenfalls 20 Euro erhöht, bleibt jene von Austrian Airlines unverändert auf 35 Euro. Damit ist sie 1,75 Mal so hoch, wie die künftige ADM-Gebühr der Konzernschwestern.
  • auch bei der Logik – weg von Einzel-ADM hin zur Sammel-ADM (aktuell nur von Austrian Airlines so praktiziert) – wird leider kein einheitlicher Weg beschritten: Während Lufthansa und Swiss nach dem Muster von Austrian künftig ebenfalls eine Sammel-ADM pro Tag verschicken (bisher gab’s von LH und LX nur Einzel-ADMs, womit für jeden auch noch so kleinen Fehler die Gebühr anfiel), tut dies Brussels wie gehabt einmal pro Monat. Bei der belgischen Kranich-Tochter ist die Gebühren-Belastung damit künftig mit Abstand am niedrigsten.

Bei den Konzernschwestern ist die Situation differenziert zu sehen: Bei LH und LX wird’s durch die Umstellung auf Sammel-ADM einerseits deutlich günstiger als bisher, allerdings nur solange es um mehrere Fehler geht (z.B. falscher Tarif bei einer Gruppenbuchung), denn dann fällt trotzdem nur einmal die Gebühr an.

Bei nur einem Fehler hingegen verdoppelt sich bei Lufthansa und Swiss die Gebühr gegenüber bisher. Bei Austrian bleibt sie zwar gleich, ist aber mit 35 Euro wie erwähnt mit Abstand am höchsten.

In der Auflistung fehlt Eurowings. Der Grund: Alle über GDS (Global Distribution Systems) gebuchten EW-Flüge und -Tarife werden über den LH- oder OS-Ticketstock ausgestellt. „Eurowings macht kein eigenes BSP-Ticketing. Deshalb gelten bei ADMs stets dieselben Regelungen und Gebühren, wie vom ausstellenden Carrier“, so die beiden Eurowings-Österreich Manager Willibald Schmidt und Roland Hladin gegenüber T.A.I.

Auch wenn, wie BCD-Manager Thomas Willingshofer festhält, das Thema ADM „aufgrund einer enorm hohen Automatisierungsquote und nachfolgender Qualitätsroutinen“ bei den führenden Geschäftsreiseanbietern „zu einem Nebenschauplatz“ wird, sorgt es trotzdem laufend für heiße Diskussionen: „Wir haben in den letzten Jahren ein ‚Auf und Ab‘ gesehen, mit Zeiten wo es viele nicht gerechtfertigte ADMs gab, und dann wieder Phasen wo das fairer gehandhabt wurde“, so Mondial-Chef Gregor Kadanka.

ADMs für nicht in Anspruch genommene Rückflüge zählen dazu. Ein konkretes Beispiel: Ein Geschäftsreise-Kunde stellt bei einem Meeting in Frankfurt fest, dass sich der (aufgrund des Tarifes nicht umbuchbare) Rückflug um 16:00 Uhr nicht ausgehen wird. Der Kunde bucht über das Partner-Reisebüro deshalb für seine Heimreise einen teuren Oneway-Flug um 18:00 Uhr. Die Airline kassiert damit doppelt und stellt zusätzlich für den verfallenden Rückflug eine ADM aus (plus Gebühr). Was doppelt schmerzt: Auch hier wird der Reisebüro-Vertrieb abgestraft, denn bei Online-Direktbuchungen fallen bekanntlich keine ADMs an.

Die Einhebung der Gebühren begründen Airlines mit dem Aufwand, der ihnen durch die Administration der ADMs entsteht. Der hält sich aber in Grenzen, wie aus einer erstmals zu diesem Thema vor zwei Jahren durchgeführten Studie der IATA (International Air Transport Association) hervorgeht. 54 Airlines aus 39 Ländern beteiligten sich daran. Demnach belief sich der globale Durchschnittswert eines ADM (er ist laut GDS Sabre zwischen 2010 und 2015 um ein Drittel gestiegen) auf umgerechnet 187,62 Euro. Die durchschnittlichen Verwaltungskosten eines ADM bezifferten die Airlines 2017 mit 22,88 Euro.

Die künftig von Lufthansa, Brussels und Swiss zusätzlich verlangten höheren Gebühren werden diesen Aufwand nahezu komplett decken, jene von Austrian – wie bereits bisher – deutlich überkompensieren.

Anders sieht die Rechnung für den Vertrieb aus. Dessen Daten dazu wurden ebenfalls im Rahmen der IATA-Studie erhoben. 721 Reisebüros aus 108 Ländern lieferten konkrete Details. Das ernüchternde Ergebnis: Mit umgerechnet 40,46 Euro ist ihr administrativer Aufwand für ein ADM nahezu doppelt so hoch, wie bei den Airlines. Ein ungleiches Spiel, das in Zukunft noch ungleicher wird. 

Die ADM-Story

Agency Debit Memos (ADM) entstanden, nachdem 1971 der BSP (Billing and Settlement Plan) und 1984 die ARC (Airline Reporting Corporation) mit der Aufgabe gegründet wurden, die finanziellen Transaktionen zwischen Agenturen und Fluggesellschaften abzuwickeln. Von Anfang an waren die ADMs ein Zankapfel.
Um die Effizienz des ADM-Prozesses zu verbessern, wurde von der ARC 2013 die Arbeitsgruppe „Debit-Memo“ (DMWG) ins Leben gerufen, der VertreterInnen der Reisebranche sowie der Airlines und GDS angehören.
Laut IATA werden weltweit rund 80 Prozent aller ADMs von nur 15 Prozent der Fluggesellschaften ausgegeben. 2015 gab es von den Airlines laut IATA-Schätzung rund 2,3 Millionen ADM-Transaktionen mit einem Wert von 650 Mio. US-Dollar.

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Erstellt am: 25. Jänner 2019

Vertriebspartner in Österreichs Business Travel-Szene sprechen mit T.A.I. über die ADM-Gebühren (v.l.): Thomas Willingshofer / BCD Travel, Thomas Kreillechner / Verkehrsbüro Business Travel und Gregor Kadanka, Mondial

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