Standpunkt

Plan W

Print-Ausgabe 1. Juni 2018

Mit der Wertschöpfung ist das so eine Sache. Zunächst einmal: der Begriff klingt gut. Kein Wunder. Wert und Schöpfung entfalten nun mal einen angenehmen Wohlklang samt Assoziationen, die einfach Gutes an sich haben.
Doch wie bei allem, was gut rüberkommt, wird auch die Wertschöpfung gerne missbraucht. Stichwort Wertschöpfungsstudien. Die gibt’s wie Sand am Meer. Schnell mal „Wertschöpfungsstudie Wirtschaft“ gegoogelt, schon erscheinen in 0,4 Sekunden 2,06 Millionen Ergebnisse. Bei „Wertschöpfungsstudie Tourismus“ sind es in 0,35 Sekunden 335.000.

Ziel dieser Wertschöpfungsstudien ist es meist, die Bedeutung eines Wirtschaftszweiges zu unterstreichen. Die Industriellenvereinigung tat sich vor kurzem diesbezüglich mit einer Studie über Österreichs „Westachse“ besonders hervor, um zu belegen, dass sie in Vorarlberg, Tirol und Salzburg mehr Wertschöpfung generiert, als der Tourismus.
Wie übertrieben diese Studien am Ende sind, zeigt sich dann, wenn die Zahlen der einschlägigen Wertschöpfungsstudien der einzelnen Wirtschaftsbereiche miteinander addiert werden. Österreichs BIP (Brutto Inlandsprodukt) vervielfacht sich da mit einem Schlag.

Wert und Schöpfung. Bleiben wir also am Boden der Realität. Denn ein Indikator ist die Wertschöpfung allemal. Auch im Tourismus. Und hier um einiges mehr aussagekräftiger, als das stupide Zusammenzählen von Ankünften oder Nächtigungen.

Das WIFO belegt seit Jahren mit seinen monatlichen und saisonalen Tourismusanalysen, dass die realen (also um Inflation und diverse Kalendereffekte bereinigte) Einnahmen pro Übernachtung rückläufig sind. Eine Unschärfe gibt es dabei insofern, als der Ausflugs- und Tagestourismus nicht berücksichtig werden kann. Am generellen Trend ändert dies kaum etwas.

Tourismusministerin Köstinger hat mehrfach angekündigt, im Zuge des zur Ausarbeitung anstehenden Masterplans für Tourismus, „Plan T“, vermehrt den Aspekt von Umsätzen, Ertrag und Wertschöpfung in die Tourismusstatistik einfließen lassen zu wollen.

Der zugspielte Ball scheint von den Bundesländern aufgenommen zu werden: so erklärte Tirols Landeshauptmann und Tourismusreferent Günther Platter bei der Präsentation der quantitativen Winterrekordzahlen, dass ihm „eine positive Entwicklung bei der Wertschöpfung wichtiger“ wäre. Wien ist diesbezüglich bereits seit Jahren Vorreiter und kommuniziert Umsätze ebenso wie den RevPAR.

Die Chance ist also gut, dass nach Jahrzehnten sturem Nächtigungs- und Ankünfte-Fetischismus bundesweit ein Umdenken stattfindet. Am besten wäre es, den „Plan T“ gleich um einen „Plan W“ zu ergänzen, den vorrangig zu konkretisieren und umgehend in die Realität umzusetzen. In den „Plan T“ kann er dann immer noch einfließen, meint

Lupo

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