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Standpunkt

Luftblasen und Überschriften

Print-Ausgabe 18. Mai 2018

Ein Jahr ist es her, da wurde er Wirtschaftsminister: Harald Mahrer. Laut Magazin „Trend“ modern, hip, modisch, mit neuen Medien vertraut. Zuvor Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, sah er sich keinesfalls als Übergangsminister. War er aber dann. Anfang November zum neuen Wirtschaftsbundobmann gewählt, löst er nun Christoph Leitl an der Spitze der WKÖ (Wirtschaftskammer Österreich) ab.

Auf den viel zu lang-Präsidenten folgt nun ein unbeschriebenes Blatt. Das ist Mahrer nach wie vor. Trotz seiner bereits seit 2014 währenden Karriere in der Bundespolitik. Die vor einem Jahr erhobene „Trend“-Kritik, allzu viele „Luftblasen“ und „Überschriften“ zu produzieren, konnte er jedenfalls bislang nicht entkräften.

Angetreten war er als Staatssekretär vor vier Jahren unter anderem, um den „Gründer-Spirit in Österreich neu zu wecken.“ Dazu wurde die „Gründerland-Strategie“ entwickelt und 2015 präsentiert, ein „umfassender Plan, um Österreich zum Gründerland Nr. 1 in Kontinentaleuropa zu machen.“

Mehr als 250 Akteure hatten daran mitgearbeitet, was Mahrer damals als „mein Verständnis partizipativer Politikgestaltung“ bezeichnete, als „eine neue Form des Regierens.“ Fünf Handlungsfelder und 40 zu setzende Maßnahmen wurden definiert, die seither „Schritt für Schritt“ umgesetzt werden sollten. „Der positive Spirit, der in den vergangenen Monaten entstanden ist, ist gigantisch. Das braucht‘s, damit wir die Leute mit unternehmerischem Mut anstecken“, betonte Mahrer damals.

Was ist daraus drei Jahre später geworden? Die Zahl der Unternehmensgründungen in Österreich ging im Vorjahr um 2,1 Prozent auf 39.965 zurück. In der Schweiz sind sie um 4,9 Prozent gestiegen. Auf 43.393. Gründerland Nr. 1 als Luftblase.

Ob der im Herbst vorigen Jahres präsentierten „Digitalisierungsstrategie für den österreichischen Tourismus“ mehr Durchschlagskraft beschieden ist, muss sich erst weisen. Es darf aber bezweifelt werden. Die vom hundertköpfigen Expertengremium festgelegten drei „Strategieziele“ und 22 Maßnahmen stellen – wie Günther Greul in seiner Kolumne „Durchgeblickt“ Anfang Oktober ernüchternd konstatierte – als „Sammlung von allgemein gehaltenen Überschriften und Formulierungen kaum eine taugliche Leitlinie für die Bewältigung der Probleme der Digitalisierung“ dar.

Ab sofort steht Harald Mahrer also an der Spitze der Wirtschaftskammer Österreich. Für Christoph Leitl ist sein Nachfolger „erste Wahl, kreativ, offen und ein Zeichen für Erneuerung.“

Die Hoffnung, dass Mahrer seine Luftblasen- und Überschriften-Kritiker mit konkreten Taten und messbaren Erfolgen Lügen straft, lebt. Ebenso, dass er an der Kammer-Spitze seinen „Gründerland-“ und „Digitalisierungsstrategien“ doch noch zum Erfolg verhilft. Ansonsten wird er nicht nur Übergangsminister gewesen sein, sondern auch Übergangspräsident, erlaubt sich festzustellen der

Lupo

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