Rottenbergs Roadbook

Aufstehen im Flieger

Print-Ausgabe 30. Juni 2017

Ich muss nicht alles verstehen. Vermutlich ist das nur eine Ausrede – weil ich zu dumm bin. Zu dumm, zu kapieren, was allen anderen klar ist. Weil: Ohne Grund ... Es geht um die Sache mit dem Aufspringen. Im Flugzeug. Sobald der Flieger ausrollt.

Da springen zwei Drittel der Passagiere auf, reissen ihr Gepäck an sich – und stehen. Im Gang. Mit eingezogenen Köpfen, verdreht-eingeklemmt zwischen Sitz und Lehne. Minutenlang.

Ich sitze – und wundere mich. Zuletzt in Reihe 36, Platz C. 35 A, B und C standen als Mauer vor mir, weil 35 D und F den Gang blockierten: Fingerlandung. Ausstieg vorne. Der Finger war noch gar nicht am Flieger: Es dauerte noch fünf Minuten, bis die Schlange sich bewegte.

Verstehen? Nein. Fragen? Auch nicht. Nicht mehr. Letztens habe ich es versucht. Und 36 B gefragt. Der stand neben mir in seinem Sitz-Spalt und wäre am liebsten über mich gekraxelt. Nur war der Gang halt schon voll.
Warum er nicht sitzend warte, fragte ich. Die Antwort warf nur die nächste Frage auf: Es gehe darum, früh beim Gepäckband zu sein. Erste Reihe, gleich beim Auswurf. Da habe man den Koffer rascher.

Die nächste Frage lag mir auf der Zunge – aber ich schluckte sie wieder runter: Manchmal muss man sich in sein Schicksal ergeben. Akzeptieren, dass man dumm ist. Zu dumm für die Logik der Mehrheit. Und wo nix hilft, hilft Eskapismus: Ich muss eben nicht alles verstehen.

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