ANA
Rottenbergs Roadbook

Auf Sand gebaut

Print-Ausgabe 10. August 2018

Nein, damit hätte ich nicht gerechnet. Sie wohl auch nicht: Sand stand bislang nicht auf meiner „Sorgenliste“. Was, wenn nicht Sand, ist unendlich? Überall im Überfluss? Ein konfliktfreier Rohstoff – weil er nie zur Neige geht.

Nur: Das ist falsch. Weil sogar Sand knapp werden kann: Wo der Mensch Strände algen- und bewuchsfrei hält, wird er leicht weggeblasen und weggespült. Der Klimawandel lässt zudem die Meeresspiegel steigen. Um siebeneinhalb Zentimeter seit 1992. Wer Satellitenfotos analysiert, dem wird anders. Bis 2100 sollen weitere 50 Zentimeter dazu kommen. Vielleicht sogar ein Meter: An weiten, flachen Stränden sind das tausende Quadratkilometer. Die einfach verschwinden.

Aufschütten? Absichern? Klar, das geht. Man tut es längst. Mit Sand. Den holt man vom Meeresboden. Der fehlt dann dort. Über die Kosten schweigt man lieber: Allein Kalifornien investierte in dieses sogenannte „Vorspülen“ in den letzten Jahrzehnten vier Milliarden Dollar. Ein Meter „gesicherter“ Strand kostet bis zu 400 Dollar. Er bringt Immobilienwerte bis zu 300.000 Dollar. Nur: Was man hier aufschüttet, holt sich das Meer eben anderswo.

Doch da ist noch etwas: Sand ist wertvoll. Er ist – nach Wasser – der meistverbrauchte Rohstoff der Welt. 15 Milliarden Tonnen braucht die globale Bauindustrie jährlich. Von Stränden. Aus dem Meer. Aus Flüssen: Wüstensand „funktioniert“ nämlich nicht.

Die Folgen? In Indonesien verschwanden seit den Nullerjahren dutzende Inseln. Dafür wuchs Singapur um 40 lukrative Quadratkilometer: Die Reichen holen was sie brauchen bei den Armen. Notfalls mit Gewalt: In Indien führen Sandmafia-Clans seit Jahren blutige Kriege. Hunderte Tote haben die mittlerweile gefordert. Und, ja, Sie haben richtig gelesen: Wegen Sand.

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