Appell der Hotellerie

Schluss mit leeren Versprechungen und halbherzigen Einzelmaßnahmen!

Print-Ausgabe 6. November 2020

Susanne Kraus-Winkler, Obfrau im Fachverband Hotellerie, fordert u.a. Anpassungen bei der Kurzarbeit


 

Der zweite Lockdown trifft den Tourismus hart – ÖHV und Fachverband fordern von Politik ein Handeln bezüglich Kurzarbeit und Entschädigungszahlungen

Ist’s Glück im Unglück oder kommt am Ende doch alles zu spät? Der zweite, vorerst bis Ende November angeordnete Lockdown betrifft den traditionell Nächtigungs-schwächsten Monat im Tourismusjahr. 5,23 Mio. Nächte waren es im November 2018, vor einem Jahr 5,3 Mio. (nur die Hotellerie genommen 3,98 Mio. bzw. 4,02 Mio. Übernachtungen).

Es hätte also schlimmer kommen können. Vielleicht tut es das noch, denn wie Mitte der Woche der Salzburger Virologe Richard Greil meinte, wurde der zweite Lockdown rund sechs Wochen zu spät angeordnet. Greil ist Vorstand der Universitätsklinik für Innere Medizin III am Uniklinikum Salzburg. Erst Mitte Oktober hatte sich der Hotelier Christian Harisch (u.a. Harisch Hotels sowie Lanserhof Gruppe) bei der ORF-Diskussion „Im Zentrum“ mit der Aussage „Wir müssen die Wintersaison retten“ für einen Lockdown-light stark gemacht. „Die Situation ist dramatisch“, betonte Harisch, wenn jetzt nicht gehandelt werde, sei der Winter vorbei.

Wie auch immer, der zweite Lockdown trifft den Tourismus extrem hart. „Das erneute Herunterfahren bringt die Unternehmen an die Grenzen des finanziell machbaren“, sagt die Präsidentin der ÖHV (Öster­reichische Hoteliervereinigung) Michaela Reitterer. Die Obfrau im Fachverband Hotellerie, Susanne Kraus-Winkler, rechnet „mit einer ähnlichen Situation wie im April, wo wir ein Minus von 97 % bei den Nächtigungen verzeichnet haben.“

Ob und wann es wieder los geht, steht derzeit noch in den Sternen. Gesundheitsminister Rudolf Anschober zufolge könnte der Höhe­punkt der täglichen Neuinfektionen Mitte November erreicht werden, um danach wieder zu sinken.

Für ein Aufsperren rechtzeitig vor Weihnachten wäre also dann ausreichend Zeit, wobei als großer Unsicherheitsfaktor die Zurückhaltung der potentiellen Gäste bleibt. Deren Buchungs-Bereitschaft befindet sich laut „Booking Monitor“ von easybooking mit zwischen -71 % bis -75 % auf dem tiefsten Stand seit April. Damals war die Hochsaison allerdings drei Monate entfernt, jetzt sind es knappe fünf Wochen.

Ob und in welcher tatsächlichen Höhe es zu den von der Bundesregierung versprochenen Ausfallszahlungen in Höhe von 80 % des letztjährigen Umsatzes im November kommt, wird sich weisen. Für ÖHV-Chefin Reitterer wäre es „ein guter und wichtiger Schritt, der hilft.“ Folgt man dem Hotelier Walter Veit (4-Sterne superior Hotel Enzian, Obertauern, siehe Seite 26), dürfte angesichts der Einrechnung bisher erhaltener Entschädigungen nicht viel herauskommen.

Reitterer fordert deshalb einen „Schutzschirm“ für die Betriebe und verweist diesbezüglich auf einen umfangreichen und konkreten Maßnahmenkatalog, der von ÖHV gemeinsam mit ExpertInnen erarbeitet wurde. Dieser beinhaltet einen Mix aus kurzfristigen Maßnahmen (rascher Ausgleich der Umsatzrückgänge, unbürokratische Weiterführung der Kurzarbeit ohne Vorlaufszeit für die Stadthotellerie, Auszahlung der Forderungen nach dem Epidemiegesetz) und mittelfristigen strategischen Handlungsfeldern, um die Branche nachhaltig resilienter zu machen. Reitterer: „Der Zug für leere Versprechungen und halbherzige Einzelmaßnahmen ist abgefahren.“

Die Forderungen von Susanne Kraus-Winkler sind ähnlich: Vereinfachungen und Anpassungen der laufenden Kurzarbeit (die Reduktion der Mindestarbeitszeit müsse unbürokratisch möglich sein), rechtsverbindliche Umsetzung des Fixkostenzuschusses II, Kreditmoratorien sowie die gesetzliche Verlängerung der Stundungen bei Steuern. Nur so könne der Tourismus die Phase der erneuten Einschränkungen überstehen. 

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