Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft OÖ

Mehr Professionalität! Das setzt eine bestimmte Budgetgröße voraus

Print-Ausgabe 21. Oktober 2016

OÖs Spartenobmann Robert Seebers Ansichten über die neue Tourismusstrategie, Steuerreform, Auslastungs-Werte und Strukturänderungen in der Gastronomie

Oberösterreichs Tourismus stehen große Veränderungen ins Haus. Für T.A.I. Grund genug, im Rahmen der Interview-Serie mit den Obmännern der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft Robert Seeber zum Gespräch zu bitten, der als Vorsitzender des Landestourismusrats maßgeblich an der Neugestaltung der Rahmenbedingungen mitwirkt.
 
T.A.I.: Viel diskutiert im Zuge der OÖs Tourismusstrategie wird die Reduktion der 108 TVBs bis 2021 auf 20 Einheiten. Da gibt es teils Widerstand, nicht zuletzt wegen der Limits – 600.000 Euro Budget und 200.000 Nächtigungen. Wie beurteilen Sie die Angelegenheit?

Robert Seeber: „Wir haben bei unseren Überlegungen nationale, aber auch internationale Entwicklungen herangezogen. Wenn Tirol mit 34 Tourismusverbänden und einem doch etwas intensiveren Tourismus wie Oberösterreich auskommt, war klar, dass wir da großen Nachholbedarf haben. Im Übrigen gibt es zu diesem Thema kaum Widerstand. Den meisten ist klar, dass ein professioneller Auftritt nur durch entsprechend professionell geführte Tourismusverbände möglich ist, und das setzt eben auch eine bestimmte Budgetgröße voraus.“

T.A.I.: Es soll auch der Landestourismusrat als Gremium abgeschafft und durch ein Strategie Board ersetzt werden. Landesrat Strugl will ein Expertengremium, dem keine Politiker angehören. Sie sind seit dreieinhalb Jahren Vorsitzender des Tourismusrats. Ist der dem Anspruch eines Expertengremiums nicht gerecht geworden?

Seeber: „Der Landestourismusrat hat im Gefüge des aktuellen Tourismusgesetzes gute Arbeit geleistet. Aber auch hier gilt: Professionelle Arbeit erfordert Profis, auch externe. Die Vertreter der politischen Parteien bleiben zukünftig in der Generalversammlung abgebildet und leisten in diesem Gremium ihre Arbeit.“

T.A.I.: Was bedeutet „keine Politiker“? Sie sind beides. Werden Sie dem Strategie Board angehören?

Seeber: „Ich bin an erster Stelle Unternehmer, das bleibe ich auch. Der Berufsstand der Unternehmer ist in fast allen politischen Gremien unterrepräsentiert, dementsprechend ‚wirtschaftsunfair‘ sind viele gesetzliche Regelungen. Das kann nur geändert werden, wenn Unternehmer auch in der Politik mitwirken. Damit lege ich aber mein Expertenwissen nicht ab, sondern stelle es zur Verfügung. Ich sehe mich daher für eine Tätigkeit im Strategie Board nicht ausgeschlossen.“

T.A.I.: OÖs Tourismus liegt gemessen an der Bettenauslastung mit 30,8 Prozent in 2015 an drittletzter Stelle im Bundesländervergleich. Worin liegt das? Was muss getan werden, um hier bessere Werte zu erzielen?

Seeber: „Zahlen zu Bettenauslastung bzw. Anzahl der Nächtigung greifen für eine tiefgreifende Analyse zu kurz. Da verzerren auch Gasthöfe am Land mit ganz wenigen Zimmern, die diese „mitlaufen“ lassen, bzw. Privatzimmervermieter ein bisschen das Bild. Viel wichtiger ist, zu welchem Preis ein Zimmer verkauft wird, wie die Wertschöpfung rundherum aussieht. Und natürlich müssen wir auch mit einer zeitgemäßen Tourismuspolitik Schwung und Entwicklung schaffen. Daher auch die vielen Veränderungen im neuen Tourismusgesetz.“

T.A.I.: Stichwort Gasthöfe: OÖ weist unter allen Bundesländern – mit Ausnahme von Wien – die mit Abstand höchste Gastronomielastigkeit auf. Bundesweit kommen drei Gastronomiebetriebe auf ein Hotel, in OÖ sind es siebeneinhalb. Gibt es hier nicht ein Überangebot?

Seeber: „Oberösterreich ist mit seinem breiten und starken ganzjährigem Freizeitangebot das Tagesausflugs-Bundesland Nr. 1, geschätzt auch von unseren Nachbarbundesländern, aber auch den Bayern und Tschechen und natürlich von den OberösterreicherInnen selbst. Und jeder Ausflug, jede Freizeitaktivität ist zum Glück auch mit einem Gastronomieaufenthalt verbunden. Aber natürlich gibt es auch in der Gastronomie Strukturänderungen, die mit geänderten Lebensgewohnheiten der Menschen zu tun haben. Dass viele Betriebsübergaben, aber auch -aufgaben anstehen, wissen wir. Wir arbeiten deshalb intensiv an Rahmenbedingungen, die Betrieben da entgegenkommen, die Situation erleichtern.“

T.A.I.: Wie sehen Sie als Gastronom die Auswirkungen der Steuerreform auf Ihre Branche und was hören Sie diesbezüglich von Seiten der Hotellerie OÖs?

Seeber: „Dass die Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes in der Hotellerie nicht auf Zustimmung stoßen wird, dazu musste man kein Hellseher sein. Internet und Digitalisierung schaffen auch im Tourismus Transparenz und da ist es natürlich keine Freude, wenn wir im Vergleich mit unseren Nachbarn und Mitbewerbern eine höhere Steuerbelastung aufweisen. Das Thema ist seitens der Hotellerie auch noch nicht abgehakt.“

T.A.I.: Welche Bedeutung haben die Adventmärkte im gesamttouristischen Umfeld?

Seeber: „Adventmärkte sind eine eigene touristische Jahreszeit geworden. Regionen füllen ihre Betten nun von Mitte November bis Mitte Dezember, wo vor einigen Jahren noch viele Beherbergungsbetriebe geschlossen waren. Die Adventmärkte bringen aber nicht nur Tourismusbetrieben einen zusätzlichen Schub. Auch der Handel, Verkehrsbetriebe, Tankstellen etc. naschen am Kuchen mit.“

Kurzportrait Robert Seeber

Nach der Matura ließ sich der gebürtige Linzer im Reisebüro Raml zum Reisebürokaufmann ausbilden und war dort 14 Jahre lang tätig. 1980 erfolgte mit dem Kennenlernen seiner Ehefrau Elfi der Einstieg in den von ihr damals betriebenen Gastronomiebetrieb. Gemeinsam haben sie das Unternehmen auf heute vier Betriebe in Linz ausgebaut. Robert Seeber ist neben seinen Kammerfunktionen, allen voran seit 2009 als Obmann der Sparte Tourismus in der WKO OÖ, auch Vorsitzender des OÖ Landes-Tourismusrates sowie seit Juli 2016 Mitglied des Bundesrates.

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