ANA
T.A.I. vor Ort in Bilbao

Dank Guggenheim-Effekt vom Aschenputtel zur Städte-Prinzessin

Print-Ausgabe 13. Juli 2018

Die am Golf von Biskaya gelegene einstige Industrie- und Eisenmetropole hat sich zu einem kulturellen und kulinarischen Kleinod gewandelt

Man nehme: ein Land von der Größe Niederösterreichs, lege es in den Süden Europas zwischen Meer und Gebirge, und versehe es mit einer Metropole, die sich von einer heruntergekommenen Industriestadt innerhalb von zwei Jahrzehnten an die touristische Weltspitze katapultiert hat. Fertig.

Die Rede ist von Bilbao, Hafen- und Hauptstadt der Biskaya sowie größte Stadt im Baskenland, die sich vom einstigen Zentrum der Eisen- und Stahlherstellung zum touristischen Magneten des 21. Jahrhunderts mauserte. Mit Volotea geht es seit Ende März zweimal pro Woche (Do und So) direkt von Wien dorthin, ab Ende August ergänzt die IAG-Tochter LEVEL das Angebot mit drei Flügen pro Woche (Mo, Mi und Fr). Ab München fliegt Lufthansa mehrmals täglich. Bereits der Aeropuerto de Bilbao (auf Grund seiner ungewöhnlichen Terminalform La Paloma/Taube genannt) zeigt durch seine Architektur, dass man an einem besonderen Ort gelandet ist. Grund genug für das Spanische Fremdenverkehrs­amt, einen Press-Trip in die pulsierende Metropole zu organisieren. T.A.I. war mit dabei.

Die Initialzündung für den Aufstieg Bilbaos erfolgte 1991, als die New Yorker Guggenheim Foundation auf der Suche nach einem europäischen Partner für ihre Expansionspläne mit Regierungsvertretern von Bilbao zusammentraf. Diese hatten ein urbanes Erneuerungsprogramm gestartet, das aus Bilbao einen Ort der Kultur, der Finanzen und der neuen Technologien machen sollte. Anfängliche Zweifel – Kritiker sprachen von Totalbankrott, auf den Bilbao zusteuere – sind längst widerlegt, die Bezeichnung „Guggenheim“- bzw. „Bilbao-Effekt“ ist ein weltweit gängiger Begriff.

Erste Station der Presse-Reise war der Aussichtspunkt auf dem Gipfel des Stadthügels Artxanda mit Panoramablick über die Stadt sowie die Titanplatten des geschwungenen 1997 eröffneten Guggenheim Museums – ein in der Sonne glänzender Bau aus Stahl und Glas, ohne einen einzigen geraden Winkel, am Ufer des Nervión Flusses, der wie eine silbrige Ader die Stadt durchquert.

Die größte Stadt der Biskaya hat viele Gesichter. Der Spaziergang durch das Abandoibarra-Viertel, ein ehemaliges Industriegelände, begeistert mit architektonischen und infrastrukturellen Projekten, wie z.B. dem Euskalduna Kongress- und Musikpalast, dem Design der Metro-Stationen, oder der scheinbar auf grünen Grasteppichen dahingleitenden futuristischen Straßenbahn. Manche Projekte wirken trotz ihres nicht durchdachten Konzepts sympathisch, wie die weiße „Zubizuri“-Brücke, deren bei Regen (und es regnet oft im Baskenland) rutschiger Glasboden mit Teppich bespannt ist.

Einen reizvollen Kontrast dazu stellen die Gässchen der Altstadt dar. Großteils Fußgängerzone, erwarten einen kleine traditionelle Geschäfte mit Leckereien jeder Art, kleine Boutiquen, sogar ein nostalgisches Geschäft für Baskenmützen (beliebtes Souvenir), nette Cafés und Lokale. Ein Hit ist der Ribera-Markt (Bilbao wurde dort am 15. Juni des Jahres 1300 gegründet) mit frischem Fisch, Qualitätsfleisch und knackigem Gemüse. Ein Must-See sind die „Siete Calles“ (sieben Straßen) am rechten Ufer des Nervión, Teil des Jakobswegs, inkl. der gotischen Santiago-Kathedrale.

Auch wenn Bilbao selbst nicht direkt am Meer liegt – es sind ca. 14 km bis zum Golf von Biscaya – gehört ein Trip an die Küste zur Pflicht. In 20 Minuten geht’s per Metro ins Stadtviertel Getxo an der Mündung des Nervión, mit Strandpromenaden, mondänen Jahrhundertwende-Villen, altem Hafen und Fischerhäuschen, die sich in engen Gässchen dicht aneinander reihen. Spektakulär ist die Schwebebrücke von Biscaya (125 Jahre-Jubiläum, UNESCO Kulturerbe).

Für Ausflüge empfiehlt sich das Biosphären-Reservat Urdaibai, das Küsten-Städtchen Mundaka (ein Dorado für Surfer), dessen Nebenort Bermeo mit Jachthafen und malerischen steilen Gässchen, und Gernika, Sitz des Regionalparlamentes (die Eiche von Gernika, unter der die Urväter tagten, schmückt das Wappen von Biskaya).

Auch wenn Bilbao als touristischer Highflyer gilt, die ganze Region hat ihre Ursprünglichkeit bewahrt, man fühlt sich wohl unter Einheimischen, sowohl am Land als auch in der Stadt. Abends verwandelt sich Bilbao in eine gepflegte Flaniermeile, wo Txikiteoy (Gläschen Wein) getrunken und Pintxos (kleine Häppchen mit Fisch, Fleisch, Meeresfrüchten, Gemüse und Kroketten) verkostet werden. Generell verfügen die Basken über ein ausgeprägtes Feingefühl fürs Essen, die Dichte der Sterne-Lokale ist beachtlich.

Am liebsten unterhalten sich Basken in ihrer eigenen Sprache, eine der ältesten der Welt: das spanische „ola“ lautet auf Baskisch „kaixo“ und „hasta luego“ (bis später) heißt „agur“. Trotzdem ist man als Tourist bestens aufgehoben: überall wird neben Spanisch auch Englisch gesprochen. Ein Besuch zahlt sich also mehr als aus, vor allem dank der neuen Nonstopflüge ab Wien sowie den Lufthansa-Flügen ab München. www.bilbaotourismo.net 

T.A.I. vor Ort in Bilbao

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